Was Pferde wirklich vom Putzen halten
Wie oft haben wir als Reiter wohl schon ein Pferd geputzt? Sehr oft! Haben wir dabei einmal eine gewisse Routine entwickelt, machen wir uns so gut wie keine Gedanken mehr darum, was genau wir da eigentlich tun.
Eine französische Forscherin hat sich dem Thema angenommen. Sie hat 69 Pferde untersucht, um herauszufinden, was Pferde vom Putzen halten. Eine schöne Massage, bevor es ans eigentliche Training geht? Von wegen!
Table des matières
Los geht’s mit der Studie 👩🏫
Besagte Wissenschaftlerin heißt Léa Lansade. Sie hat vorher bereits viele Untersuchungen rund um das Verhalten von Pferden durchgeführt.
Für diesen Versuch hat sie 69 Reiter auf verschiedenen Niveaus dabei gefilmt, wie sie ihre Pferde putzen. Zur Studie geht es hier. Das Ergebnis nach der genauen Analyse der entstandenen Videos:
Die Hälfte der Pferde zeigten Anzeichen von Unwohlsein! 😱
Gerade einmal 5 % der Pferde, also genau 3, schienen sich wirklich wohlzufühlen. Für den Großteil der Pferde ist das Striegeln also alles andere als angenehm.
Das ist umso erschütternder, wenn man versucht mitzuzählen, wie oft wir unsere Pferde tatsächlich striegeln und dass dies das Verhältnis zwischen Mensch und Tier alles andere als verbessert.
Die Studie zeigt noch eine weitere Erkenntnis: Es machte keinen Unterschied, ob ein eher unerfahrener oder ein professioneller Reiter das Putzen übernimmt. Dies macht wieder einmal deutlich, dass man als Reiter nicht nur auf dem Pferd, sondern auch am Boden ausgebildet und weiter geschult werden sollte.
Woran sieht man, ob das Pferd sich wohlfühlt oder nicht? 🤔
Pferde können ja bekanntlich nicht sprechen, aber sie senden jede Menge Signale! Um sie zu erkennen, muss man nur aufmerksam ihre Reaktionen und ihr Verhalten beobachten. Das tun wir aber oft nicht, da wir z. B. während des Striegelns selbst in Bewegung sind und uns auf das Ziel des Ganzen konzentrieren: das Pferd von Staub, Dreck und Schlammkrusten zu befreien.
❌ Negative Reaktionen ❌
- Das Pferd entfernt sich einen Schritt von der Person, die es gerade putzt
- Anspannen von Bauch oder Rücken bei Berührung mit der Bürste
- Angedrohtes Beißen oder Austreten
- Versuch, in die Wand / den Putzbalken zu beißen
✅ Positive Reaktionen ✅
- Das Pferd versucht, den Reiter oder ein anderes Objekt (Wand, Putzbalken oder Strick) zu pflegen
- Das Pferd sucht mit dem Kopf Kontakt zu der Person, die es gerade putzt
- Bewegung eines Körperteils des Pferdes in Richtung der Bürste oder des Reiters
Auch das Gesicht des Pferdes gibt Aufschluss über sein Wohlbefinden. Ist ihm das Striegeln gerade angenehm, dann schließt es die Augen halb, die Ohren hängen leicht zur Seite oder nach hinten (nicht angelegt) und die Oberlippe ist vorgeschoben.
Andersherum gilt: Ist ihm das Putzen unangenehm, sind seine Augen weit geöffnet und seine Lippen sind angespannt.
Dem Pferd das Putzen schmackhaft machen ist jede Menge Arbeit!
Die gute Nachricht ist, dass es möglich ist, dem Pferd die Fellpflege angenehmer zu gestalten.
Taste dein Pferd dazu zunächst, bevor du mit dem Striegeln beginnst, einfach nur mit der Hand ab. Beobachte dabei, wie es auf die Berührungen an verschiedenen Stellen reagiert. Achte auf die oben beschriebenen Verhaltensweisen, auf seine Bewegungen, seine Ohren und sein Maul.
Nimm dann die Bürste zur Hand. Beobachte weiterhin die Reaktion deines Pferd. Scheint es die Berührung an einer bestimmten Stelle zu mögen, dann kannst du diese Partie besonders intensiv putzen. Andersherum gilt: mag es die Berührung nicht, dann wechsel so schnell wie möglich die Stelle.
Du kannst natürlich auch den Selbstversuch wagen und euch filmen (das entstandene Filmmaterial darf sehr gerne mit uns geteilt werden)!
Widmet man sich also beim Putzen besonders den Stellen, an denen die Berührung dem Pferd angenehm ist, wirkt sich dies positiv auf das Verhältnis zwischen Mensch und Tier aus. Dadurch hat das Pferd allgemein weniger Skepsis gegenüber Menschen, die es striegeln, selbst, wenn es die Person nicht kennt. So kann Unfällen vorgebeugt werden!
Weiterlesen:10 Prinzipien der Verhaltensforschung, die jeder Reiter kennen sollte
50% der Verletzungen am Schädel ereignen sich am Boden…
(Studie aus Kentucky, durchgeführt an 284 Patienten, die nach einem Reitunfall ins Krankenhaus eingeliefert wurden. [2])
… dabei tragen nur 7% der Reiter beim Putzen einen Helm
(Studie aus Frankreich, befragt wurden 69 Reiter verschiedener Niveaus [1])
🚨🚑
Bei ihrer Studie stellte Léa Lansade fest, dass JEDER EINZELNE der beobachteten Reiter sich während des Putzens in eine potentiell gefährliche Situation begab. 🚨
Mit potentiell gefährlich ist hier gemeint, dass der Reiter sich nahe am Pferd hinkniet oder direkt vor oder hinter dem Pferd vorbeigeht, wo es die Person nicht sehen kann. Dabei hatten die Reiter durchschnittlich 7 solcher potentiell gefährlicher Situationen pro Putzeinheit. Das ist eine ganze Menge und liefert die Erklärung dafür, warum es so viele Reitunfälle am Boden gibt! 😱
Und es geht noch weiter: Die Forscher haben außerdem mitgezählt, wie oft der Huf oder die Zähne des Pferdes sich in einer Entfernung von 10 cm oder weniger vom Kopf des Reiters befanden. Das war 9 von 69 Malen der Fall.
Das wirklich Erstaunliche ist, dass keiner der Reiter sich dessen überhaupt bewusst war. Auch hier gab es keinen Unterschied zwischen den weniger erfahrenen und den professionellen Reitern.
Man sollte also nicht nur auf dem Pferd aufpassen, sondern auch am Boden.
Auch interessant: Winterschur – Ja oder Nein?
Ein kleiner Tipp für die Gesundheit
Es hat bestimmt jeder schon einmal Folgendes zu hören bekommen:
“Geh in die Knie, wenn du etwas Schweres hochheben willst, sonst machst du dir noch den Rücken kaputt.”
Das gilt auch beim Auskratzen der Hufe! Geh in die Knie und lege den Huf auf deinem Oberschenkel ab. Achte darauf, dich nicht mehr als 30° nach vorne zu beugen, das ist nämlich tatsächlich nicht gut für deinen Rücken. 🤓
Fazit
Möchtest du deinem Pferd das Putzen ab sofort so angenehm wie möglich gestalten, dann ist der erste Schritt, genau auf sein Verhalten zu achten. Reagiere entsprechend, wenn es die Berührung an einer bestimmten Körperpartie nicht mag. Auch das Verwenden einer anderen Bürste kann Wunder bewirken!
So kann nicht nur das Verhältnis zwischen Pferd und Reiter verbessern, sondern auch noch Unfällen vorgebeugt werden.
Alice Martinez
R&D-Ingenieurin bei Equisense
👍🏻👎🏻 Du würdest uns gerne dein Feedback zu unseren Blog-Artikeln geben? Du hast einbestimmtes Thema im Kopf, das dich schon länger beschäftigt ? ==> Sag uns Deine Meinung 👍🏻👎🏻
Hey, danke für diese Information! Gibt es einen Weg, indem ich mehr Informationen zu diesem Thema finde, damit ich einen Beitrag in meiner lokalen Universität darüber machen könnte? Vielen Dank im Voraus!
Hallo, danke für dein Feedback. Es freut uns, dass der Artikel gefällt 🙂 Wirft am besten einmal einen Blick auf die Quellen. Ich weiß, dass diese leider nicht immer Deutsch sind. Sie sind auf jeden Fall zuverlässig und.