Getreidefreies Pferdefutter: Ernährungsvorteil oder Marketing?
Seit ein paar Monaten ist immer wieder von getreidefreiem Pferdefutter die Rede. Der Fütterung mit Getreide entspräche nicht der natürlichen Ernährung des Pferdes und würde sowohl zu Problemen bei der Verdauung als auch Allergien führen. Wenn Getreide in der Vergangenheit auch interessant für die Fütterung von modernen Pferden war (insofern richtig verwendet), geht der Trend momentan immer mehr in Richtung “zurück zur natürlichen Pferdefütterung”. Das Aufkommen getreidefreier Pferdefütterung trifft auf Nachfrage bei den Konsumenten. Welche Vorteile hat eine getreidefreie Pferdefütterung jedoch aus der Sicht von Ernährungsexperten? Lass es uns herausfinden!
📚 Mehr dazu: Pferdefütterung nach Bedarf: Das braucht dein Pferd!
Table des matières
Wie wurde Getreide zum Futtermittel? 🐴
Die Domestizierung des Pferdes und seine Nutzung für kriegerische und landwirtschaftliche Zwecke (lang vor der Nutzung für den Sport) ist der Grund für die Einführung von Getreide als Futtermittel. Das verfügbare Viehfutter (vor allem in abgegrenzten Weidebereichen) reichte nicht mehr aus, um den Bedarf der Pferde, die vom Menschen zur Arbeit verwendet wurden, zu decken. Zudem ist die Fütterung mit Getreide schneller als die Fütterung mit Heu. Der Zeitgewinn durch eine schnellere Pferdefütterung war ein wichtiger Vorteil zur damaligen Zeit. Immer mehr Menschen begannen also, Getreide als Pferdefutter zu verwenden, da dieses energiereicher als andere Futtermittel ist. Und das trotz seiner Nachteile …😕
Getreide: Nachteile der Getreidefütterung 👎
#1- Zu viel Stärke
Comme on dit, on a toujours les défauts de ses qualités… Et le défaut majeur des céréales, qui est aussi ce qui justifie son incorporation, c’est leur grande richesse en amidon, qui n’est autre qu’un sucre complexe (le même que vous trouvez dans vos pâtes ou votre riz).
Ein großer Nachteil von Getreide und gleichzeitig auch der Grund, der es Pferden so schmackhaft macht, ist sein Stärkegehalt. Stärke ist ein Vielfachzucker (der gleiche wie in deinen Nudeln oder deinem Reis), der bei übermäßiger Aufnahme einige Erkrankungen, wie Magengeschwüre, Koliken und Hufrehe begünstigt. Stärke gilt zudem als Auslöser oder aggravierender Faktor für Kreuzverschlag oder andere Stoffwechselerkrankungen (Cushing und Equines Metabolisches Syndrom (EMS)). Nicht gerade toll!
Hafer, Mais, Gerste: 3 stärkereiche Nahrungsmittel
#2- Zu wenig Proteine
Der Proteingehalt von Getreide ist relativ niedrig und seine Futtereffizienz eher durchschnittlich. Diese beiden Faktoren sind sehr wichtig für die Gewebesynthese.
#3#3- Ungleichgewicht von essentiellen Fettsäuren
Getreide enthält zu viel Omega-6-Fettsäuren im Vergleich zu Omega-3-Fettsäuren. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass die Fettsäuren im Körper gespeichert anstatt als Energie verwendet zu werden.
#4- Mikronährstoffmangel und Ungleichgewicht
Ein weitere Nachteil des Getreides ist sein Ungleichgewicht an Mikronährstoffen (Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen). Getreide ist z. B. von Natur aus arm an Kalzium und reich an Phosphor (Kalzium-Phosphor-Ungleichgewicht), was sich ungünstig auf die Knochen- und Gelenkstabilität auswirkt. Ein weiterer Nachteil des Getreides als Pferdefutter ist, dass der Vitamingehalt des Getreides bereits bei kurzer Lagerung sehr schnell sinkt.
#5- Allergien (Fakt oder Mythos?)
Dem Getreide wird zudem nachgesagt, Allergien auszulösen. Auch wenn wir nicht genau wissen, wie viele Pferde denn wirklich an Allergien leiden, wird davon ausgegangen, dass dieser Prozentsatz relativ niedrig ist. Zudem ist die Zuverlässigkeit von auf dem Markt erhältlichen Bluttests zur Feststellung von Allergien weitläufig umstritten [1]. Heutzutage deutet nichts darauf hin, dass Getreide ein Risikofaktor für Allergien beim Pferd darstellt.
Ça Das ist schon relativ viel denkst du nun sicherlich! Und damit hast du Recht! Eine falsche Getreidefütterung kann die Gesundheit deines Pferde beeinträchtigen und ist noch lange nicht ausreichend. Es stellt sich somit die Frage: Sollte Getreide also komplett vom Fütterungsplan gestrichen werden?
📚 Weiterlesen: Pellets oder Müsli – Das solltest du füttern!
Getreidefreies Pferdefutter: Was bedeutet das? 🌾
Schauen wir uns zur Beantwortung dieser Frage einmal an, was sich eigentlich hinter dem Begriff Getreidefreies Pferdefutter versteckt.
Vorab ist es wichtig zu erwähnen, dass es sich hierbei nicht um einen geschützten Begriff handelt. Die einzige Gemeinsamkeit, die diese Futtermittel also haben, ist … (Achtung, du ahnst es sicherlich kaum 😏) … dass sie getreidefrei sind, d. h. kein Getreide enthalten. Und das im gebräuchlichen und nicht im botanischen Sinne.
AiMan findet also durchaus Mais und Hafer in getreidefreien Pferdefuttern. Die etymologische Grenze des Begriffs ist also relativ ungenau und Auslegungssache … Auf dem Markt findet man viele unterschiedliche Pferdefutter in ebenso unterschiedlichen Ausführungen:
- Heuflocken oder Luzernepellets: es handelt sich hierbei um Viehfutter, das als Nahrungsmitteln aufbereitet wird. Fast so als würde man “vegetarisch” auf eine Dose Gemüsesuppe schreiben wurde (existiert leider…😲). Pferde bevorzugen faserreiche Nahrung (Heu z. B.) sowohl für ihr Verdauungssystem als auch für ihre Bequemlichkeit.
- Zusatzpräparate: in diesem Fall ist der Begriff irreführend … Es handelt sich um eine Art Ergänzungsfutter mit Vitaminen und Mineralien für Pferde, deren Energie- und Proteinbedarf bereits durch eine Fütterung mit Gräsern und/oder Heu gedeckt ist. Der Begriff “Getreidefreies Mineralfutter” wäre hier passender, da es sich um ein Mineralfutter mit einem erhöhten Gehalt von Vitaminen und Spurenelementen handelt. Hierbei sollten die vorgegebenen Dosen unbedingt beachtet werden, um einer Vergiftung zu vermeiden!
- “Richtige Nahrungsmittel” ohne Getreide: im Gegensatz zu den ersten beiden handelt es sich hierbei um Nahrungsmittel im eigentlichen Sinne. Sie liefern nur wenig Energie und sind häufig bei kranken Pferden (mit vorrangig Stoffwechselproblemen) angeraten.
📚 Weiterlesen: Macht Hafer unsere Pferde wirklich heiß?
Pferdefutter als Energielieferant 🔥
Stellen wir uns einmal vor, dass der Energiebedarf deines Pferdes nicht durch die Fütterung von Heu allein gedeckt werden kann. Das Futter, das du deinem Pferd gibst, sollte also vor allem Energie liefern. Hierbei gibt es 3 Arten von Energielieferanten: Kohlenhydrate (Stärke und Zucker), Lipide (Fette) und Ballaststoffe (Cellulose). Diese 3 Energiequellen sind nicht eins zu eins austauschbar, sondern ergänzen sich:
- Energie aus Kohlenhydrate: Sie wird schnell verarbeitet und ist daher ideal für kurze und intensive Arbeit.
- Energie aus Lipide: Sie wird langsamer vom Pferd verarbeitet und steht dem Pferd langsamer zur Verfügung. Sie dient der langen und stetigen Arbeit.
- Energie aus Ballaststoffe: Sie wird nur langsam freigesetzt und ist daher eine bevorzugte Energiequelle für mittelfristige Arbeit. Sie hat den Nachteil, dass pro Kilogramm deutlich weniger Energie als bei der Stärke zur Verfügung steht. Sie ist daher nicht konzentriert genug, um genügend Energie für intensive Arbeit zu liefern.
Wenn man also eine wahrhaftig getreidefreies Pferdefutter bereitstellen möchte (ich spreche hier nicht von oben genanntem Heuflocken oder Mineralfutter), das gleichzeitig genauso viel Energie wie “klassisches” Futter liefert, dann muss die fehlende Energie aus den Kohlenhydraten mithilfe der Energie aus Lipiden und Ballaststoffen kompensiert werden.
Wir entfernen also circa die Hälfte der Kohlenhydrate, erhöhen die Gabe von Fetten und nutzen Ballaststoffe zur Vermengung und für das Volumen. Somit können wir ein gewisses Energieniveau mit weniger Kohlenhydraten aufrechterhalten. Hierbei steht jedoch auch weniger Energie für intensive Arbeit zur Verfügung. Das ist eine passende Alternative für wenig aktive Pferde (Freizeit, wenig Sport), jedoch relativ schwierig für Sport- und Turnierpferde.
📚 Mehr dazu: Die 3 häufigsten Fehler bei der Pferdefütterung
Gründe für eine getreidefreie Pferdefütterung
Es gibt viele Gründe, die Pferdehalter dazu bewegen, eine getreidefreie Pferdefütterung einer “klassischen” Fütterung vorzuziehen.
#1- Stärkearme Fütterung
Um die Risiken für eine der oben genannten Erkrankungen zu minimieren, möchtest du den Stärkegehalt in deinem Pferdefutter vermindern. Getreidefreie Futtermittel haben einen niedrigen Anteil und Stärke und Zucker (circa. 8% – 10%). Sie sind hierfür also bestens geeignet.
Wie jedoch bereits oben erwähnt: Keine Muskelaktivität ohne Energie aus den Kohlenhydraten, keine Energie aus den Kohlenhydraten ohne Stärke … Diese Futtermittel liefern also nicht genug Energie für ein Sportpferd.
⏩ Was also tun bei einem Sportpferd? 🧐
Man sollte hierbei nicht nur den Anteil an Stärke in einem bestimmten Futtermittel in Betracht ziehen, sondern die Gesamtmenge einer Ration. Die einzige wichtige Angabe ist also die Menge an Stärke pro Tag und pro Mahlzeit! Studien haben gezeigt, dass unter 2 Gramm (g) Stärke pro Kilogramm (kg) Lebendmasse (LM) pro Tag (d. h. 1000 g/Tag bei einem Pferd von 500 kg) und unter 1 Gramm Stärke pro Kilogramm Lebendmasse pro Mahlzeit das Risiko für die oben genannten Erkrankungen senkt [2]. Bei einem prädisponiertem Pferd kann diese Menge durch zwei geteilt werden! Diese Vorsichtsmaßnahme ist sehr gut mittels vieler “klassischer” Futtermittel auf dem Markt zu treffen.
Um durch Getreide begünstigten Erkrankungen vorzubeugen, sollte das Pferd die angegebenen Dosen nicht überschreiten:
✅ weniger als 2 g Stärke / kg Lebensmasse / Tag
✅ weniger als 1 g Stärke / kg Lebendmasse / Fütterung
#2- Leichtverdauliche Fütterung
Dieser Term ist etwas irreführend. Ist mit leichtverdaulich kalorienarm gemeint oder lediglich gut für den Verdauungstrakt des Pferdes? Wie wir oben bereits erwähnt haben, muss der fehlende Energiebedarf der mit getreidefreiem Pferdefutter einhergeht, durch andere Energielieferanten gedeckt werden. In diesem Fall erhöhen wir die Fettzufuhr. In anderen Worte: Wir nehmen nur halb so viel Nudeln, geben aber ordentlich Crème Fraîche hinzu … Es handelt sich also um alles andere als “light”. Im Bezug auf den Zucker ist es jedoch durchaus “zuckerarm”.
⚠️ Zuckerarme Nahrungsmittel können sehr fettreich sein! In anderen Worte: „Wir nehmen nur halb so viel Nudeln, geben aber ordentlich Crème Fraîche hinzu.“
Paradoxerweise haben wir zudem den Drang mehr zu füttern, wenn es sich um sogenannte “Light”-Produkte handelt. Die beste Methode für eine leichtere Ernährung ist die gegebene Menge zu reduzieren.
Bei drastischer Reduzierung sollte besonders darauf geachtet werden, dass es nicht zu einem Mangel an Mikronährstoffe kommt. Es ist in manchen Fällen besser ein energieärmeres Futtermittel zu wählen, das jedoch die nötigen Mineralien, Vitamine und Spurenelemente liefert.
#3- Natürliche Fütterung 🍎🥕
Du möchtest zu einer “natürlicheren” Fütterung für dein Pferd zurückkehren.
Schauen wir uns also einmal an, was in getreidefreiem Pferdefutter enthalten ist:
- Ballaststoffe für die Masse (gleiche Masse wie ein “klassisches” Futtermittel) : z. B. getrocknete und gehackte Gräser, Luzerne oder Zuckerrübenschnitzel
- Fette in Form von Ölen oder ölhaltigen Kernern und Samen. Leinsamen sind hier besonders gut aufgrund ihres exzellenten Omega-6/Omega-3-Verhältnisses.
- Proteine: Proteinhaltige Samen oder Presskuchen sind hier besonders hilfreich. Soja ist besonders interessant, da dieser sowohl Fette als auch Proteine liefert.
- Zusätze: Mineralien (z. B. Phosphate, Salz), Spurenelemente und Vitamine; Hefen.
- Natürliche Futtermittel als Variation: Äpfel oder Karotten (als Chips ist das noch cooler), Traubenkerne, Kräuter, Knoblauch, Topinambur, Blumen usw.
Nicht viel hierbei lässt an eine “natürliche” Pferdefütterung denken. 😕. Diese Inhaltsstoffe findet man ebenfalls sehr häufig in “klassischen” Futtermitteln. Wir sollten dabei nicht vergessen, dass die einzig wirklich “natürliche” Fütterung für das Pferd aus Grasen auf einer großen Weide für 15 Stunden am Tag besteht… 🌱
Fazit …
Es ist durchaus richtig, dass Getreide allein als Zusatz zum Futter keine ausgeglichene Ernährung für das Pferd darstellt. Getreide kann jedoch durchaus nützlich sein, wenn in gewissen Anteilen und zusammen mit anderen Futtermitteln gefüttert. Hierzu ist eine sehr gute Kenntnis zur Ernährung und Futterbedarf von Pferden notwendig
Getreidefreies Pferdefutter? Warum nicht. ⚠️ Aber wenn, dann richtig und in den richtigen Fällen. ⚠️
Bei Pferde mit wenig Aktivität oder bei Pferde mit möglichen Getreideallergien (sehr selten) oder Verdauungsstörungen (Cushing oder Equines Metabolisches Syndrom (EMS)). Bei älteren Pferden oder Pferden mit Problemen bei der Nahrungsaufnahme können Pellets durchaus eine interessante Alternative zu Heu sein.
Am wichtigsten ist es, dass du dich stets über Neuigkeiten informierst, kritisch gegenüber neuen Marketingtrends bleibst und dich auf das konzentrierst, was wirklich einen Mehrwert für dein Pferd hat. 👌
Marine Slove,
Tierärztin und Ernährungsspezialistin bei Destrier
Quellen
[1] Dupont, S. et al. “A commercially available immunoglobulin E-based test for food allergy gives inconsistent results in healthy ponies”, Equine Vet. J., 2014
[2] Luthersson et al., “Risk factors associated with equine gastric ulceration syndrome in 201 horses in Denmark”, Equine Vet. J., 41 (7), 625-630, 2009
Abbildungen
Titel-Abbildung: Foto von Melissa Askew auf Unsplash