Der Schlaf des Pferdes: Alle Fakten auf einen Blick
Du hast dich schon immer gefragt, wie dein Pferd eigentlich schläft? Ich mich auf jeden Fall schon. Deshalb bin ich der Sache einmal auf den Grund gegangen, um zu erfahren was es in der Nacht so treibt und wie der Schlaf des Pferdes denn so aussieht 😴. Eines kann ich dir jetzt schon sagen, es hat definitiv andere Schlafgewohnheiten als wir. 😉 🐴
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Die Gemeinsamkeiten des Schlafs beim Pferd und beim Menschen
Wie beim Menschen unterscheidet man auch beim Pferd 4 wesentliche Schlafphasen: die Einschlafphase, der leicht Schlaf, die Tiefschlafphase und der Traum- oder REM-Schlaf (auch paradoxer Schlaf genannt).
Beim Übergang in den leichten Schlaf entspannt das Pferd seine Muskeln. Seine Herz- und Atemfrequenz werden langsamer. Dies hilft ihm dabei, sich zu erholen. Erst wenn es in die Phase des paradoxen Schlafes übergeht, beginnt das Pferd zu träumen (ja, Pferde träumen – wahrscheinlich davon, wie sie uns am nächsten Tag am besten ärgern können 😉 ). Sein Gehirn ist in dieser Phase sehr aktiv und es kann vorkommen, dass es sich bewegt. Daher der Name REM-Schlaf (REM steht für Rapid Eye Movement), da das Pferd seine Augen in dieser Phase sehr schnell bewegt. Diese Schlafphase ist wie auch beim Menschen sehr wichtig für den Lern- und Erinnerungsprozess.
Das waren auch schon die einzigen Schlafgemeinsamkeiten, die wir Menschen mit den Pferden haben. Pferde sind Fluchttiere und haben daher einen sehr speziellen Schlaf, der von dem Sicherheitsgedanken bestimmt wird.
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Was macht das Pferd in der Nacht?
Das Pferd verbringt mehr als die Hälfte der Zeit dösend im stehenden Zustand. Sein Schlafzyklus beginnt mit einem leichten Dösen im Stehen, bis es sich genügen in Sicherheit fühlt, um sich hinzulegen. Dafür nimmt es zuerst eine Position in Brust-Bauch-Lage ein (es lässt sich also auf sein Brustbein nieder), bevor es in eine laterale Position der sogenannten Seitenlange (es legt sich auf die linke oder rechte Flanke) übergeht.
In der Seitenlage fühlt das Pferd sich am verwundbarsten. Es ist jedoch die ideale Position, um in den paradoxen Schlaf überzugehen. Das Pferd schläft in dieser Position circa 30 Minuten. Es kann vorkommen, dass es sich, wie wir Menschen, herum wälzt, um sich zu strecken, bevor es sich wieder aufrichtet. In einer Nacht kann es 3 bis 7 dieser 30-minütigen Schlafzyklen, unterbrochen von einigen Wachphasen, in denen es isst oder seine Umgebung beobachtet, durchlaufen.
Die Schlafbedingungen des Pferdes
Das Pferd fühlt sich während des Einschlafens und Schlafens besonders gefährdet für Raubtierangriffe. Pferde brauchen zum Schlafen eine Herde, da sie so abwechselnd Wache halten können. Bei Pferden in Gruppenhaltung sieht man, dass nie mehr als die Hälfte von ihnen gleichzeitig schläft. Dies erhöht die Chance für die Herde, bei Bedrohung schneller fliehen zu können. Dieser Wachdienst ist jedoch nicht für alle Herdenmitglieder gleich. Dominante Pferde schlafen längere Zeit, als die anderen. Dieses Wachverhalten hat sich auf der Weide sowie in der Box trotz der Domestizierung nicht verändert. Es ist daher wichtig, dass die Pferde in der Box nicht isoliert voneinander gehalten werden und Kontakt zueinander aufnehmen können.
Als Fluchttier muss das Pferd zudem seine Umgebung gut kennen und sich in Sicherheit fühlen, bevor es schlafen kann. Ein Pferd, das neu in einen Stall kommt, braucht daher ein wenig Zeit, um sich anzupassen und schläft nicht direkt in den ersten Nächte. Mach dir also keine Sorgen, wenn es in dieser Anfangszeit ein wenig müder als üblich ist.
Faktoren, die die Schlafzeit beeinflussen
Sicherheit ist also der wichtigste Faktor für den Schlaf des Pferdes, aber es gibt noch weitere Faktoren die seinen Schlaf beeinflussen. Die Haltung spielt ebenfalls eine grosse Rolle für die Qualität und Quantität des Schlafs.
Bei einer Boxenhaltung sollte die Box groß genug sein, damit das Pferd sich ohne Probleme hinlegen und aufstellen kann. Die Formel dafür: 2,5 x die Größe des Pferdes².
Die Bodenqualität ist ein weitere Faktor. Studien haben gezeigt, dass Pferde auf einem Strohuntergrund mehr Zeit in der Seitenlage schlafen, als Pferde mit einem Untergrund aus Spänen.
Zusätzlich zur Haltung ist es ebenso wichtig, dass das Pferd in einem guten Gesundheitszustand ist. Wenn es Verletzungen oder Schmerzen hat, kann es nur schlecht einschlafen.
Weitere beeinflussende Faktoren sind unter anderem die Qualität der Nahrung, die Zeit in körperlicher Belastung bei der Arbeit, das Alter des Pferdes usw.
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Was tun, wenn es nicht schlafen kann?
Wenn man betrachtet, wie wenig Zeit das Pferd mit schlafen im Liegen verbringt, ist es nicht verwunderlich, dass es andere Wege gefunden hat, sich auszuruhen. Es kann z. B. einfach und schnell in ein leichtes Dösen im Stehen übergehen. Wenn es im Stehen schläft, hat es seinen Kopf häufig gesenkt, seine Augen halbgeschlossen, seine Ohren seitlich angelegt oder nach hinten gerichtet und ein Hinterbein angehoben. Den Pferden macht der Schlafmangel bei einem Distanzritt von 160km z. B. daher deutlich weniger aus als seinen Reitern, die nicht mal schnell ein kleines Nickerchen während des Tierarztbesuchs machen können. Obwohl das Pferd somit einige Tage ohne Schlaf überstehen kann, macht sich der Schlafmangel dennoch irgendwann bemerkbar. Das Pferd fängt an, unaufmerksam zu werden, was das Risiko für Reitunfälle erhöht.
Unsere Tipps für eine erholsame Nacht für dein Pferd:
- Schalte das Licht im Stall aus (und die Musik). Das scheint einleuchtend, ist aber nicht immer der Fall, wie ich selbst bereits miterlebt habe. Hier ein Beispiel:
Während der Arbeit an unserem Equisense Care haben wir den Schlaf des Pferdes mittels Kameras, die wir in den Boxen angebracht haben, und Sensoren am Pferd überwacht. Wir hatten dies bereits zuvor mit anderen Pferden gemacht und wussten daher, was uns erwartet. Eines Abends haben wir festgestellt, dass das Stalllicht länger als üblich und bis fast Mitternacht brannte. Am nächsten Tag haben wir festgestellt, dass dies sich deutlich auf den Schlaf des Pferdes ausgewirkt hat. Es hat nicht geschlafen, bis das Licht aus war. Sobald es dunkel war, hat es sich schlafen gelegt und dann auch tief geschlafen. Kein Wunder, dass es am Folgetag müde war!
- Achte auf stetige Boxnachbarn. Der ständige Wechsel des Boxnachbarn kann ein Gefühl der Unsicherheit bei deinem Pferd auslösen.
- Richte ihm eine schöne “Matratze” aus Stroh (oder Spänen) her. Pferde sind genauso wählerisch wie wir, wenn es um die richtige Schlafunterlage geht.
- Stelle ihm eine Box zur Verfügung, die groß genug ist, damit es sich ausbreiten kann.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Schlaf des Pferdes trotz der Domestizierung noch stark von seinem Dasein als Fluchttier bedingt ist. Für sein Wohlbefinden ist es also wichtig, ein Umfeld zu schaffen, indem es sich sicher fühlt und einen guten Schlaf haben kann.
Alice Martinez,
R&D-Ingenieurin bei Equisense
Quellen:
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Neurophysiology of the state of sleep, JOUVET, 1967
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A note on resting behaviour in horses kept on pasture : Rolling prior to getting up, HANSEN, 2006
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The resting behaviour of horses in loose housing systems, FADER & SAMBRAUS, 2004
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Effects of exercise on equine behavior, CAANITZ, 1990