6 Fakten über das Sommerekzem
Die Besitzer betroffener Pferde werden mir recht geben: Das Sommerekzem ist eine wahre Plage, die man nur schwer in den Griff bekommt. Da der Sommer schon in den Startlöchern steht, möchten wir in diesem Artikel den Ursachen dieser Erkrankung auf den Grund gehen und Tipps geben, wie man Ekzemer gut über den Sommer bringt.
Table des matières
- #1 – Schuld ist die Mücke Culicoides
- #2 – Mein Pferd scheuert sich immer und überall!
- #3 – Das Sommerekzem kommt jedes Jahr wieder und wird immer schlimmer
- #4 – Woher weiß man, ob sein Pferd eine Veranlagung hat?
- #5 – Gibt es ein Heilmittel für das Sommerekzem?
- #6 – Kann das Pferd denn wenigstens in der Zucht verwendet werden?
#1 – Schuld ist die Mücke Culicoides
Der Übeltäter ist ein kleines (1-3 mm) aber gemeines Insekt. Es handelt sich um einen Zweiflügler der Gattung der Culicoides. Einfach gesagt: eine Mücke.
Da ist er, der Verantwortliche. Wenn man ihn sich so anguckt, ist er gar nicht mal so furchteinflößend …
Es gibt schätzungsweise 1000 verschiedene Arten dieser Mücke, aber nur einige wenige davon lösen beim Pferd Ekzeme aus [1]. Stechen tun dabei nur die Weibchen. Sie leben 1 bis 2 Monate und benötigen alle paar Tage eine Blutmahlzeit. Um sich zu vermehren, legen sie – vorzugsweise in feuchten Gebieten (Teiche, Schlamm, Bäche etc.) – Eier. Aus diesen Eiern schlüpfen Larven, die sich entwickeln und sich in der Regel nie weit von dem Ort, an dem sie geschlüpft sind, entfernen. Sie bleiben zumeist in einem Umkreis von maximal 100 Metern [1].
Die Culicoides ist das ganze Jahr über aktiv, vermehrt sich jedoch ab März / April und ihr Vorkommen sinkt erst gegen Ende des Jahres. Das erklärt, warum Ekzeme teilweise sogar mitten im Winter auftreten.
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#2 – Mein Pferd scheuert sich immer und überall!
Ja, Ekzeme lösen starken Juckreiz aus. Oft sind zuerst die Mähne, die Kruppe und der Schweifansatz betroffen. Nach und nach weitet sich der Ausschlag auf den Hals, den Widerrist, den Rücken und das Gesicht, manchmal sogar bis auf die Ohren aus. Je nach Gattung der Mücke können außerdem der Bauch und die Brust betroffen sein.
Es fängt mit Kratzen an …
Eines der ersten Anzeichen sind Pusteln, die beim Pferd starken Juckreiz auslösen. Was wird es also tun? Richtig – sich ausgiebig kratzen und scheuern. Das verschlimmert das Ganze allerdings nur. Zunächst kommt es an den betroffenen Stellen zum Ausfallen des Fells, dann zu Hautrötungen und schließlich entstehen Krusten. Der Schweif erinnert mehr und mehr an einen Rattenschwanz. Das Pferd wird durch den ständigen Juckreiz nervös, teilweise sogar schwieriger zu reiten.
Stell dir vor, wie du gelaunt wärst, wenn du von oben bis unten mit Stichen übersät wärst. Man wird wahnsinnig! Das andauernde Scheuern und Schubbern des Pferdes führt allerdings dazu, dass die Stiche zu nässen oder sogar zu bluten beginnen.
Dadurch wiederum können Bakterien in die verletzten Stellen eintreten und sie infizieren, was sogar zur Bildung von Geschwüren führen kann.
… und es nimmt kein Ende
Die Haut wird Jahr für Jahr immer dicker (man spricht von Lichenifikation) und das Fell wächst nicht mehr nach. Es bilden sich Hautfalten aufgrund der Keratinisierung (die Epidermis enthält zu viel Keratin). Oft kann auch ein Gewichtsverlust beobachtet werden, da das Pferd so nervös ist und den Großteil seiner Zeit damit verbringt, sich zu kratzen, anstatt zu fressen.
Diese Erkrankung sollte also nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Leider kann in extremen Fällen sogar das Einschläfern des Tieres nötig sein.
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#3 – Das Sommerekzem kommt jedes Jahr wieder und wird immer schlimmer
Tatsächlich handelt es sich um eine rezidivierende Erkrankung. Bei den ersten Stichen im Frühling kehrt die Erkrankung mitsamt ihrer Symptome zurück. Die Erklärung dafür ist simpel: Es liegt eine Hypersensibilität vor, eine Allergie. Allerdings ist man sich noch nicht sicher, wie die Prozesse genau ablaufen. Die erste, heftigere allergische Reaktion tritt in der Regel 20 Minuten nach dem Stich auf, anschließend kommt es nach 6 bis 48 Stunden zu Spätreaktionen.
Wie kommt es dazu?
An dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung. Die Mücke Culicoides beißt das Pferd und hinterlässt beim Absaugen des Bluts etwas von ihrem Speichel. Das darin enthaltene Eiweiß kann allergische Reaktionen hervorrufen, da es sog. Antigene enthält, die im Körper die Bildung von Antikörpern gegen sich selbst bewirken. Das Immunsystem versucht mithilfe von Antikörpern, den Fremdkörper, also den Speichel der Mücke, zu bekämpfen.
Bis dahin ist alles normal. Hat das Pferd jedoch eine Allergie gegen diesen Speichel, ist die Immunreaktion sehr stark ausgeprägt, es kommt zu den typischen Symptomen einer Allergie. Im Falle des Sommerekzems beim Pferd sind es die juckenden Pusteln.
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Es beginnt als saisonale Erkrankung
Am Anfang ist die Erkrankung saisonal. Die Symptome treten im Frühling auf, verstärken sich im Sommer, gehen im Herbst langsam zurück und klingen im Winter mehr oder weniger vollständig ab. Im Laufe der Zeit und vor allem, wenn keine Behandlung eingeleitet wird, treten die Symptome von Jahr zu Jahr heftiger auf und es dauert teilweise bis zu 6 Monate, bis sie sich bessern. Es ist ein wahrer Teufelskreis. Oft leidet das Pferd irgendwann ganzjährig an den Symptomen. In seltenen Fällen kann es zu einer Spontanremission kommen, d. h. die Erkrankung verschwindet von alleine. Dies ist aber leider extrem selten und die Ursache dafür ist nicht geklärt.
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#4 – Woher weiß man, ob sein Pferd eine Veranlagung hat?
Generell kann man nicht wissen, ob bei seinem Pferd eine Veranlagung besteht oder nicht. Es wird jedoch stark vermutet, dass eine genetische Veranlagung besteht. Abgesehen davon, den Stammbaum seines Pferdes zu studieren, kann man also keine Möglichkeiten, das Krankheitsrisiko abzuschätzen [1].
Bei der Frage, ob bestimmte Rassen anfälliger sind als andere, besteht keine Einigkeit. Die folgenden Rassen stehen jedoch des Öfteren im Verdacht: englisches Vollblut, Araber, Friese, Trait Bretone, Shire Horse, Connemara, Shetland Pony, Welsh Pony und vor allem der Isländer. Das Geschlecht scheint bei der Anfälligkeit keine Rolle zu spielen und die Erkrankung tritt in der Regel ab einem Alter zwischen 1 und 3 Jahren auf [2].
Es gibt einige Faktoren, die im Verdacht stehen, die Entstehung der Erkrankung zu begünstigen, nämlich eine erhöhte Aufnahme von Proteinen durch das Futter, zu wenig Bewegung oder dünne Haut [2]. Es handelt sich dabei allerdings nur um Spekulationen.
Das Sommerekzem ist also eine Erkrankung, die sowohl durch Genetik, als auch durch Umweltfaktoren beeinflusst werden kann.
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#5 – Gibt es ein Heilmittel für das Sommerekzem?
Leider gibt es für diese Erkrankung tatsächlich kein Heilmittel. Allerdings gibt es Präventivmaßnahmen, die vor dem Frühling ergriffen werden sollten. Zudem lassen sich die Symptome in der Regel mildern.
Präventivmaßnahmen [1,2,3]
Wenn du bereits weißt, dass dein Pferd am Sommerekzem leidet, dann solltest du jedes Jahr im Frühling Präventivmaßnahmen ergreifen. Du wirst sehen, dass dies leider kein Zuckerschlecken ist. Das Ziel ist es, den Auslöser der Erkrankung, also die Culicoides Mücke, so gut es geht vom Pferd fernzuhalten. Es braucht übrigens ganze 3 Wochen ohne einen einzigen Stich, bis die Symptome abklingen. [3]
- Auf der Weide sollte sich eine schattige, offene Unterstellmöglichkeit befinden.
- Decke dein Pferd mit einer engmaschigen Fliegendecke ein.
- Vermeide den Kontakt mit Wasserstellen und feuchten Wiesenabschnitten.
- Wechsle täglich das Wasser der Tränke auf der Weide.
- Biete dem Pferd so wenige Vorrichtungen wie möglich, an denen es sich scheuern könnte.
- Verwende regelmäßig Insektenschutzmittel.
- Beachte, dass die Wirkungsdauer von Insektenschutzmitteln wegen der Verdünnung durch den Schweiß des Pferdes begrenzt ist und dass sie daher regelmäßig nachgetragen werden müssen. Beachte außerdem, dass manche Insektenmittel vor dem Auftragen verdünnt werden müssen. Nicht selten erleiden Pferde deshalb eine Vergiftung.
- Vergewissere dich außerdem, dass dein Pferd nicht allergisch auf Fliegenspray oder sonstige Insektenschutzmittel reagiert. Trage dazu erst eine kleine Menge des Produkts auf und warte 24 Stunden, bevor du es am ganzen Körper aufträgst.
- Füttere weniger Proteine (dies gilt nicht nur bei Ekzemen, sondern generell bei Hauterkrankungen).
Die letzten beiden Punkte sollten mit dem behandelnden Tierarzt abgeklärt werden. Unglücklicherweise kann die Erkrankung, wenn keine ausreichenden Präventivmaßnahmen ergriffen werden, im Laufe der Jahre chronisch werden.
Behandlung der Symptome [1,2,3]
Die Behandlung sollte sofort nach Auftreten der ersten Symptome erfolgen. Das Ziel ist es, die bereits vorhandenen Stiche zu behandeln und vor allem den Juckreiz zu lindern. Auch hier sollte man sich von einem Tierarzt bei der Auswahl der Pflegeprodukte beraten lassen.
- Verwende Shampoo oder Lösungen zur Beruhigung der Haut
- Desinfiziere die Wunden
Eine mögliche Behandlung ist die mit Corticosteroide. Dabei wird die nach und nach herabgesetzt. Das Ziel ist es, dass das Pferd aufhört, sich zu kratzen. Allerdings kann es bei dieser Behandlungsmethode zu Nebenwirkungen kommen, z. B. Immunsuppressionen oder einer erhöhten Anfälligkeit für Hufrehe.
Eine Desensibilisierung durch regelmäßige Injektionen mit ansteigender Dosis des Allergens ist leider nur schwer umsetzbar, da es bis jetzt nicht gelingt, das Allergen in seiner puren Form zu injizieren. Es wurden Studien zur Effektivität dieser Behandlung durchgeführt [2]. Vielleicht werden Wissenschaftler eines Tages eine umsetzbare Behandlungsmethode entdecken.
#6 – Kann das Pferd denn wenigstens in der Zucht verwendet werden?
Gerade das sollte man nicht tun! Denn, wie wir bereits wissen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Anfälligkeit für Ekzeme erblich bedingt ist. Oft werden Stuten, die unter Ekzemen oder sonstigen Erkrankungen leiden und damit nicht oder nur bedingt reitbar sind, zur Zucht eingesetzt. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Fohlen dieser Stute ebenfalls erkranken wird, relativ hoch.
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Bis zum nächsten Artikel
Marine Slove
Tierärztin und Produktmanagerin bei Equisense