Die 2 verschiedenen Arten des Trockenreitens
Wie sieht richtiges Trockenreiten eigentlich aus? Reichen ein paar Runden im Schritt? Oder doch im Trab? Und wie lange? Und wieso überhaupt das Ganze, mein Pferd hat sich doch schon so angestrengt!
Was passiert bei körperlicher Anstrengung mit dem Körper?
Um verstehen zu können, was nach dem Training das Beste für den Pferdekörper ist, muss man zunächst einmal verstehen, was dort während des eigentlichen Trainings vor sich geht. Daher legen wir gleich los mit den Muskeln und der Energiebereitstellung.
Die 3 Stoffwechselwege
Um arbeiten zu können, brauchen Muskeln Energie. Diese wird ihnen vom Körper in Form von Zucker bzw. Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen bereitgestellt, die er hauptsächlich der Nahrung entnimmt. Die Art und Weise der Herstellung der Energie hängt von der jeweiligen Art der körperlichen Betätigung ab. Daher gibt es 3 Stoffwechselwege:
- Der anaerob alactacide Stoffwechselweg ist vor allem für kurze, intensive Bewegungen zuständig (Sprünge oder die ersten Sekunden eines Sprints). Es werden Reserven des Energieträgers verwendet, der sich nur zu geringen Mengen in den Muskelzellen befindet (und daher nur für etwa 7 Sekunden ausreichen). Das dabei entstehende Produkt wird zur Resynthese des Energieträgers verwendet. Bei dieser Art von Stoffwechselweg wird kein Sauerstoff benötigt, daher der Begriff „anaerob”
- Der anaerob lactacide Stoffwechselweg ist vor allem für relativ kurze (maximal 2 Minuten), jedoch sehr anstrengende Bewegungen entscheidend. Auch bei diesem Stoffwechselweg wird kein Sauerstoff benötigt, allerdings wird Lactat (Milchsäure) gebildet, das oft die Ursache für Krämpfe ist.
- Der aerobe Stoffwechselweg ist für Betätigung, die über einen längeren Zeitraum andauert, entscheidend (ab einer Dauer von 20 Minuten) und benötigt Sauerstoff. Das Produkt dieser Verstoffwechselung sind Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2). Das Ergebnis: Wir schwitzen und atmen schwerer bzw. schneller.
Eine kleine Zusammenfassung:
Anaerob alactacid | Anaerob lactacide | Aerob | |
Dauer der Bereitstellung | sofort | ~20 s | ~2 min |
Kraft / Anstrengung | hoch | mittel | gering |
Art der Betätigung | kurz und intensiv | relativ kurz und intensiv | Lang und weniger intensiv |
Abfallprodukte | Creatine und Phosphat | Milchsäure | H2O et CO2 |
Milchsäure oder auch Lactat
Lactat, oder auch Milchsäure, ist ein Abfallprodukt der aerob lacticiden Energiebereitstellung. Es wird zunächst in den Muskelzellen gespeichert, der Körper versucht jedoch, das Lactat weiterzuverwenden. Das ist z. B. möglich, wenn man direkt anschließend den aeroben Stoffwechselweg beansprucht.
Ist die Anstrengung jedoch zu intensiv, dann sammelt sich zu viel Lactat an und gelangt somit ins Blut. Und genau dort liegt das Problem. Um den „Schaden” jetzt so gering wie möglich zu halten, kommt es auf das richtige Trockenreiten an.
Fun Fact: Milchsäure wird auch zur Gerinnung von Käse eingesetzt!
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Fallbeispiel: der Geländeritt bei der Vielseitigkeit
Während der ersten 10 Sekunden ist der anaerob alacticide Stoffwechselweg aktiv. Der Sportler (Pferd oder Reiter) wird schnell die kleinen Energiereserven, die in den Muskeln gespeichert sind, ausschöpfen.
📚 Mehr dazu: Wie sich das Training auf die Muskeln deines Pferdes auswirkt
Danach übernimmt der anaerob lacticide Stoffwechselweg für einige Minuten. Hierbei kommt es innerhalb sehr kurzer Zeit zur Produktion von Milchsäure.
Beim Laufen ist dir bestimmt schon mal aufgefallen, dass du nach ein paar Minuten auf einmal einen richtigen Durchhänger hast. Genau in diesem Moment findet der Übergang zum aeroben Energiestoffwechsel statt.
Dieser bleibt während eines längeren Laufs in ruhigem Tempo aktiv. Dabei gerät man dennoch ganz schön ins Schnaufen und ins Schwitzen. Ist die Geschwindigkeit für den Sportler nicht zu hoch, dann sinkt die Lactatkonzentration in den Muskelzellen und der Körper greift stattdessen auf Nahrung als Energieträger zurück. So ist eine körperliche Betätigung über einen längeren Zeitraum möglich.
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Läuft man jedoch dauerhaft zu schnell oder macht einfach gerade einen letzten Sprint, dann ersetzt der anaerob lacticide Stoffwechselweg den aeroben, wobei also wieder Milchsäure anfällt.
In diesem Fall kann der Körper die Milchsäure nicht abbauen, da sie einfach in zu hoher Konzentration vorliegt. Dadurch wird es für den Läufer immer schwieriger, sein Tempo zu halten.
Eine zu hohe Lactatkonzentration des Organismus kann unterschiedliche Folgen haben: Muskelkrämpfe und -schmerzen, abfallender Blutdruck, Müdigkeit, Dehydrierung etc. Jetzt weißt du, warum es so wichtig ist, dein Pferd immer richtig trockenzureiten…
Welche Auswirkungen hat das Training?
Durch regelmäßiges Training kommt der Körper mit einer höheren Lactatkonzentration zurecht und kann dieses vor allem auch besser wiederverwenden. Dadurch wird der aerobe Stoffwechselweg immer effizienter und der Lactatspiegel sinkt schneller wieder. Mit dem richtigen Training wird dein Pferd also über einen längeren Zeitraum bei höherer Geschwindigkeit laufen können.
Methode 1: aktives Abwärmen
Bei dieser Methode beansprucht man den aeroben Stoffwechselweg. Das entspricht z. B. lockerem Traben nach einem anstrengenden Springtraining im Gelände.
Wozu das Ganze?
Es dient, wie der Name schon sagt, der Erholung.
Diese Methode ist aus mehreren Gründen sinnvoll:
- das Pferd erlangt schneller wieder seinen Ruhepuls
- seine Atemfrequenz sinkt schneller wieder in den Normalbereich
- die Körpertemperatur sinkt schneller
- die Energiereserven werden schneller wieder hergestellt
- die Milchsäure wird besser abgebaut
Wann aktives Abwärmen Sinn ergibt ⏱
Alktives Abwärmen ist besonders nach intensiven, aber relativ kurzen Trainingseinheiten sinnvoll, wie z. B. nach dem Geländespringen oder einfach nur einem flotten Galopp beim Ausreiten. In beiden Fällen ist die Lacatkonzentration relativ hoch. Das Ziel ist es also, dass das Pferd die vorhandene Milchsäure schneller abbauen kann.
Es mag seltsam scheinen, sich von einer körperlichen Anstrengung mit noch mehr körperlicher Anstrengung zu erholen. Bleibt man in Bewegung, jedoch mit einer geringeren Intensität, d. h. man läuft langsamer, werden die Organe, die die Milchsäure weiterverarbeiten können, besser mit Blut versorgt. Dadurch gelangt die Milchsäure schneller zu eben diesen Organen und kann somit auch schneller abgebaut werden. Zu diesen Organen gehören die Muskeln, das Herz, die Leber, die Nieren und das Gehirn.
Bricht man das Training nach einem intensiven Galopp einfach ab, dann bleibt die Milchsäure in den Muskeln. Dadurch sinkt der Blutdruck und es kommt zu Krämpfen, was sich auf das Springtraining am nächsten Tag nicht gerade positiv auswirken wird.
Wie sieht das richtige Trockenreiten aus?
Am besten trabt man zwischen 5 bis maximal 15 Minuten in ruhigem Tempo, und zwar direkt nach der intensiven körperlichen Anstrengung. Und ja, 15 Minuten sind sehr lang. Daher sollte das Pferd in jedem Fall das Tempo bestimmen dürfen und man sollte ihm die Zügel geben. Dabei sollte man auf keinen Fall zu lange warten, 10 Minuten zwischen Sprint und „Trockentraben” und sind bereits zu lange! Am besten legt man sofort nach der Anstrengung los. [1]
Methode 2: passives Abwärmen
Beim passiven Abwärmen macht man einfach nichts. Man beendet das Training komplett oder geht im Schritt.
Diese Art des Trockenreitens ist nach nicht besonders intensiven, aber längeren Einheit sinnvoll. Denn hierbei entsteht keine Milchsäure. In diesem Fall reicht es, einige Minuten im Schritt zu reiten, bevor das Pferd wieder in die Box bzw. im Idealfall wieder auf die Weide kommt.
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Wie oben bereits erklärt, dient das Abwärmen dazu, den Ruhepuls wiederzufinden. Je weiter du im Training fortschreitest, wirst du feststellen, dass die Regenerationszeit sinkt, d.h. dass dein Pferd seinen Ruhepuls schneller wieder findet.
Mit dem neuen Equisense Motion S hast du ab sofort die Möglichkeit, die Zeit zur Regeneration genau zu messen! Die Messung erfolgt automatisch und hilft dir dabei, festzustellen, wie fit dein Pferd ist!
Jetzt weißt du, welche Art des Abwärmens wann angebracht ist, damit sich dein Pferd schneller und besser von der Anstrengung erholt. So muss das nächste Training auch nicht lange auf sich warten lassen!
📚 Vor dem Training: Das hält dein Pferd wirklich vom Putzen!
Bis zum nächsten Artikel,
Camille Saute,
R&D-Managerin bei Equisense
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