Wässern von Heu: Das ist die richtige Dauer!
Du wässerst dein Heu? Pferdebesitzer mit einem Emphysem oder Übergewicht wissen direkt von was ich spreche… Den Eimer voller Wasser machen, das Heu einweichen, das Heu wieder herausholen, es abtropfen lassen usw. Im Hinterkopf bleibt dabei immer die Frage: “Wie lange sollte ich das Heu eigentlich wässern?” Wir haben uns dieser Frage angenommen und die Antwort hier für dich zusammengefasst!⏬
Table des matières
Ein Stall ist voller Staub!
Und das ist noch untertrieben! Ein Stall beherbergt im Durchschnitt 3000 Partikel pro Milliliter, die eingeatmet werden können. Mit nur einem einzigen Atemzug atmet das Pferd circa 12 Millionen Staubteilchen (und nicht nur das!) ein.
Dazwischen findet man vieles andere wie Sand, Erde, Bakterien, Viren, Schimmelpilzsporen sowie Pflanzen- und Insektenreste (in deinem Taschentuch sieht das Ganze so ähnlich aus 😋).
Das Problem hierbei ist, dass diese Teilchen sich schnell ganz tief in den Atemwegen (manchmal bis hin zu den Lungenbläschen) festsetzen. Unser Pferd ist ein Athlet und seine Atemwege werden daher bei Anstrengung stark beansprucht. Die Anzahl der aufgenommenen Staubteilchen kann sich also schnell negativ auf seine Leistung auswirken und langfristig sogar auf seine Gesundheit! Du kannst das ganz gut mit uns Menschen vergleichen. Würden wir in einem Stall leben, wäre unsere Leistung auch sehr schnell beeinträchtigt 😳…
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Was passiert beim Wässern von Heu?
Beim Wässern des Heus werden die Teilchen im Heu mit in die Flüssigkeit gezogen und landen somit im Wasser, das zum Einweichen verwendet wird. Deshalb wird das Heu bei Pferden mit Emphysemen, die allergisch gegen Staub sind, häufig gewässert.
Dies ist jedoch nicht der einzige Grund für das Wässern des Heus. Die Zellwände des Heus werden mit dem Wässern beschädigt, was dazu führt, dass die Wasserzirkulation nicht mehr geregelt wird. Der Inhalt der Zellen wird somit ins Wasser gespült. Hierbei handelt es sich um wasserlösliche Kohlenhydrate, Proteine und Mineralstoffe, die einen nutritionnellen Nutzen haben. Mit dem Wässern des Heus wird seine nutritive Eigenschaft gemindert. Das Wässern des Heus wird also zur Gewichtsabnahme (oder als Gegenmaßnahme zur Gewichtszunahme) beim Pferd verwendet.
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Wie lange sollte das Wässern von Heu dauern?
Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten.
Du möchtest die Anzahl der Staubteilchen minimieren, ohne dabei die nutritiven Eigenschaften des Heus zu verändern? Du möchtest das Heu weniger nutritiv machen? Das hängt ganz von der Erkrankung deines Pferdes ab. Ich erkläre es dir hier:
#1- Emphysem (=RAO)
⏱ Wässern von Heu bei Emphysem: 20 min.
5 bis 30 Minuten Wässern sind nötig, um circa 95% der Staubteilchen zu entfernen [1] [2]. 20 Minuten ist also ein guter Kompromiss. Zur Entfernung von 99% der Teilchen sind 24 Stunden nötig[1] [2]. Es scheint jedoch eher unsinnig, die nutritiven Eigenschaften des Heus zu zerstören, um ein paar wenige Prozentpunkte zu gewinnen.
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#2- Übergewicht und Fettleibigkeit
⏱ Wässern von Heu bei Übergewicht: 5-10 Std.
Das ist circa der Abstand zwischen 2 Mahlzeiten! Studien haben gezeigt, dass diese Dauer des Wässerns die wasserlöslichen Kohlenhydrate um 2 bis 54% und die Proteine von 2 bis 15% (je nach verwendetem Heu) aus dem Heu herauslösen [2]. Bei übergewichtigen Pferden ist die Gabe von Heu, das zuvor mehrere Stunden gewässert wurde, eine gute Lösung, um Übergewicht zu verhindern.
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#3- Equine Metabolische Syndrom (EMS)
⏱ Wässern von Heu bei EMS: 5-10 Std.
Auch wenn EMS eine sehr seltene Stoffwechselerkrankung ist, äußert sie sich durch Gewichtszunahme sowie einem permanenten und anormalen Anstieg der Glukose- und Insulinwerte im Blut. Bei Pferden mit dieser Erkrankung hat das Wässern des Heus den Vorteil, die Glukose- und Insulinwerte im Vergleich zur Gabe von trockenem Heu zu beschränken [3].
#4- Chronischer Kreuzverschlag
⏱ Wässern von Heu bei Kreuzverschlag: 5-10 Std.
Bei Pferden, die unter wiederkehrendem belastungsbedingten Kreuzverschlag (RER: Kreuzverschlag bei Belastung oder PSSM: Kohlenhydratspeichererkrankung) leiden, wird geraten, einen Teil der Energie aus Stärke und Zucker durch Energie aus Fetten zu ersetzen.
In Wirklichkeit ist es leider sehr schwierig die Konzentration der Fruktanen (Zucker in den Gräsern) durch das Wässern des Heus ausreichend zu mindern 😕.
In Wirklichkeit ist es leider sehr schwierig die Konzentration der Fruktanen (Zucker in den Gräsern) durch das Wässern des Heus ausreichend zu mindern 😕. Eine stärkearme Ernährung und gute Ernährungsgewohnheiten (Einteilung der Nahrung und des Training z. B.) sind angezeigt. Bei Pferden, die jedoch häufig an Kreuzverschlag leiden, die sich vor allem bei Ernährungsänderungen (neue Heulieferung z. B.) zeigen, kann das Wässern des Heus eine Zusatzmaßnahme sein, die dem Pferd dabei hilft, unter dem kritischen Wert zu bleiben.
📚 Weiterlesen: So handelst du richtig bei Kreuzverschlag!
#5- Hufrehe
⏱ Wässern von Heu bei Hufrehe: 5-10 Std.
Zucker, vor allem Fruktane, sind am Auftreten von Hufrehe maßgeblich beteiligt. Wie auch im Fall des Kreuzverschlags ist es jedoch schwierig, die Konzentration der Fruktanen durch das Wässern des Heus ausreichend zu mindern. Es handelt sich hierbei also lediglich um eine Notfallmaßnahme, um die Genesung im Akutfall positiv zu unterstützen.
Verhält sich jede Art von Heu gleich beim Wässern?
Nein, das wäre ja zu einfach 😈. Es gibt so viele unterschiedliche Qualitäten des Heus… wie es Heu gibt.
Die Qualität ist abhängig von der Region, dem Boden, der Reife beim Schnitt, der Trocknung, der Lagerung usw. Dementsprechend können die Nährwerteigenschaften des Heus also maßgeblich variieren. Es ist die Qualität des trockenen Heus zu Beginn, die den Nährwert des gewässerten Heus bestimmt. Man kann grob sagen, dass je schlechter die nutritionnelle Qualität des Heus ist, desto mehr Energie, Proteine, Zucker und Mineralstoffe gehen beim Wässern verloren [4]. Um das Ganze noch einfacher zu gestalten (sonst wäre es ja unlustig…), kann der gleiche Heuballen selbst heterogen sein 😱.
Gibt es eine Alternative zum Wässern von Heu?
Ja, das Dämpfen! Dies gilt jedoch lediglich bei Pferden mit einem Lungenemphysem. Diese Methode hat alle Vorteile des Wässerns, ohne dabei jedoch dem Heu die wichtigen Nährstoffe zu entziehen 💪.
Hierbei werden dem Heu bis zu 98% der Staubteilchen entnommen, ohne dabei den Nährwert zu verändern. Diese Methode ist zudem umweltfreundlicher: es wird weniger Wasser verbraucht und die Umwelt wird weniger verschmutzt.
Sie ist jedoch kostenintensiver: zwischen 1000€ und 2800€ für den Kauf einer Maschine und 3,10€ bis 3,90€ pro Tag pro Pferd, das 500 kg wiegt und 10 kg Heu pro Tag frisst [1].
Fazit
Du hast sicherlich erkannt, dass das Wässern des Heus ein Kompromiss zwischen dem gesuchten Ziel und dem einhergehenden Nährwertverlust ist. Es ist interessant die ursprüngliche Qualität des Heus zu kennen, das nicht alle Arten von Heu gleich sind und sich beim Wässern unterschiedlich verhalten.
Das Wässern ist also eine Lösung bei Pferden mit Emphysemen. Das Wichtigste bei Pferden mit den oben genannten Erkrankungen bleibt jedoch eine angemessenen Stallhygiene mit ausreichender Belüftung sowie ein angepasster Ernährungsplan.
Marine Slove,
Tierärztin und Ernährungsberaterin bei Destrier
Quellen:
[1] Blackman M., Moore-Coyler M.J.S., 1998. Hay for horses: the effects of three different wetting treatments on dust and nutrient content. Animal Science 66: 745-750.
[2] Warr E., Petch J., 1992. Effects of soaking hay on its nutritional quality. Equine Veterinary Education 5: 169-171.
[3] Carslake H.B., McG. Argo C., Pinchbeck G.L., Dugdale A.H.A., McGowan C.M., 2018. Insulinaemic and glycaemic responses to three forages in ponies. The Veterinary Journal 235: 83-89.
[4] A. Bleuse, “Le trempage du foin : pertes nutritionnelles et recommandations pour les Equidés”, Essai terrain, R&D Néovia, 2019.
[5] Kaeffer C., 2018. Alimenter un cheval PSSM: 1. Le fourrage. Veröffentlicht am 10. Mai 2018 im Blog “Techniques d’élevage”. Letzter Zugriff: 09.08.2019. http://www.techniquesdelevage.fr/2018/05/alimenter-un-cheval-pssm-1.le-fourrage.html
Abbildungen:
Foin mouillé – IFCE ©N. Genoux