20 Kriterien, die einen guten Reitstall ausmachen
Egal, ob man seinen aktuellen Reitstall wegen eines Umzugs verlassen muss, weil man dort nicht zufrieden ist oder ob man sich zum allerersten Mal auf die Suche begibt: den richtigen Reitstall für sich und sein Pferd zu finden, ist alles andere als einfach. Damit die Suche nicht bald wieder von vorne losgeht, haben wir eine Checkliste erstellt, mit der man auf der Suche nach dem neuen Heim fürs geliebte Pferd den Überblick behält. 📝✅
Table des matières
20 Kriterien für das Wohl des Pferdes
Die 20 aufgeführten Kriterien müssen selbstverständlich nicht alle exakt erfüllt sein, denn jeder Reiter hat andere Vorstellungen und Bedürfnisse und das Gleiche gilt natürlich auch für das Pferd. Zudem hat der ein oder andere sicherlich noch weitere Punkte auf seiner Checkliste notiert.
Unsere Kriterien lassen sich in 4 große Kategorien einordnen:
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- Stall
- Weide / Paddock / Außenanlagen
- Fütterung
- Training
Der Stall
Ein wichtiger Punkt auf unserer Checkliste ist natürlich der Stall. Sollten die Pferde das ganze Jahr über auf der Weide gehalten werden – umso besser! Die idealen Bedingungen wären folgende: Das Pferd wird draußen gehalten, zusammen mit einigen Artgenossen. Es hat jederzeit die Möglichkeit, sich auf trockenen Boden zu legen und hat Zugang zu Raufutter.
Für die Haltung im Stall sollte man Folgendes beachten:
✅ Der Stall ist ruhig und die Beschäftigten sind freundlich
Man sollte nicht vergessen, dass viel Lärm und Aufruhr bei den meisten Pferden Stress verursacht. Pferde sind von Natur aus schließlich Beutetiere, die immer auf der Hut sind. Die Atmosphäre sollte also eher ruhig sein, was allerdings nicht heißt, dass der Stall komplett unbewohnt sein soll. Denn Langeweile mögen Pferde ja bekanntlich auch nicht. 😊
✅ Der Stall ist hell und gut belüftet
Die Belichtung ist ein wichtiger Faktor. In der Natur leben Pferde draußen. Werden sie in einem dunklen Stall gehalten und können ihre Umgebung nicht beobachten, kann sich dies auf ihren Biorhythmus auswirken.
Es ist zudem wichtig, dass der Stall gut belüftet ist, da die Lungen des Pferdes sensibel sind und es deshalb zu Problemen in Bezug auf die Atmung kommen kann. Staub, stickige Luft und Ammoniak können Erkrankungen des Atmungssystems, z. B. ein Lungenemphysem herbeiführen.
Sollte der Stall daher stark oder sogar modrig riechen, ist Vorsicht geboten.
Weiterlesen: Wie entsteht das Lungenemphysem?
Am bestes ist es, wenn die Pferde die Möglichkeit haben, ihre Köpfe nach draußen zu strecken, denn dort ist die Luft natürlich am allerbesten und sie können das Geschehen außerhalb des Stalls verfolgen.
✅ Die Größe der Box
Wird das Pferd in einer Box gehalten, dann sollte diese je nach Pferd eine entsprechende Größe aufweisen.
Die Faustregel zur Berechnung der minimalen Boxengröße in m² ist (2,5 x Stockmaß des Pferdes)².
Bei meiner Stute, die ein Stockmaß von 1,63 m hat, entspräche das einer Box von 16 m².
Durch diese Formel soll gewährleistet werden, dass das Pferd sich hinlegen kann, ohne dabei zu nah an die Boxenwände zu kommen. Außerdem muss es sich drehen können und die Decke sollte mindestens 75 cm höher sein als sein Kopf.
Mehr dazu: Wie schlafen Pferde eigentlich?
✅ Kontakt zu anderen Pferden 🐴
Wie wir alle wissen, sind Pferde Herdentiere. Der Kontakt zu anderen Pferd ist daher unbedingt nötig.
Bei einer Studie, die an einem Gestüt in der Schweiz an Hengsten durchgeführt wurde, wurden die Trennwände zwischen den Boxen teilweise entfernt. Anstelle dessen wurden bodentiefe Gitterstangen eingebaut. Diese ermöglichen es den Pferden, ihren Hals und ihre Beine in die Box ihres Nachbarn zu strecken, damit sie sich gegenseitig beschnuppern und sogar kraulen können.
Die Ergebnisse der Studie sind in einem Video zusammengefasst, dabei sollte man besonders die Sequenzen ab 08:43 min beobachten: Es handelt sich um 2 Hengste, wohlgemerkt, die es gewohnt sind, durch die bodentiefen Gitterstangen miteinander interagieren zu können. Sie wurden allerdings nun wieder in 2 konventionelle Boxen gestellt. Man sieht eindeutig, dass beide den sozialen Kontakt zum jeweils anderen suchen, dies ihnen aber aufgrund der deckenhohen Gitter nicht möglich ist.
Weidegänge in der Gruppe oder offene Trennwände sind daher definitiv zu bevorzugen.
✅ Die Pferde sind in einem guten Zustand und die Anlage ist sauber
Sind die Pferde mager oder übergewichtig, haben viele Verletzungen oder zeigen auffällige Verhaltensmuster, also sog. „Ticks”, dann handelt es sich um ernstzunehmende Anzeichen.
✅ Mit Stroh eingestreute Boxen werden mindestens 1 Mal wöchentlich komplett geleert
Pferdeurin enthält Ammoniak, welches schlecht für das Atmungssystem des Pferdes ist. Daher müssen die Boxen unbedingt mindestens einmal wöchentlich gründlich ausgemistet werden. Ist das nicht der Fall, kann man dies an dem penetranten, sehr unangenehmen Geruch erkennen.
Aber es ist nicht nur das Atmungssystem des Pferdes betroffen, sondern auch seine Hufe! Es ist logisch, dass es nicht gut ist, wenn das Pferd den ganzen Tag in seinem eigenen Urin steht: es kann sich eine Fäulnis an Strahl und Ballen ausbilden. Pfui! 🤢
Darüber hinaus ist, wenn vom Tierarzt nicht anders empfohlen, in der Regel Stroh als Einstreu Spänen vorzuziehen. Ausnahmen sind Pferde, die beispielsweise an Atemwegserkrankungen leiden.
✅ Die Boxen werden regelmäßig komplett gereinigt und desinfiziert 🚿
Erkundige dich, wie oft der Stall komplett gereinigt wird. Einmal pro Jahr ist das absolute Minimum.
Das Desinfizieren kann ruhig öfter erfolgen, allerdings auch nicht zu häufig, da es sonst zu Hautproblemen beim Pferde kommen kann.
✅ Heu und Stroh werden außerhalb der Stallungen gelagert
Dies hat 2 Gründe: zum einen, um die Atemwege von Pferd und Mensch nicht überzustrapazieren und zum anderen aus Sicherheitsgründen (❗Großbrandgefahr ⚠🔥❗).
Das Futter einfach vom Heuboden zu schmeißen ist praktisch und macht sogar Spaß, ist aber nicht die sicherste Variante und ist oft mit Niesanfällen verbunden. Den Pferden geht es da nicht anders. Daher sollten die Heu- und Strohvorräte so weit wie möglich von den eigentlichen Stallungen entfernt sein.
✅ Die Reinigung erfolgt ohne Laubbläser 🍂
Ja, richtig gehört: In manch einem Reitstall kommt bei Säuberungsaktionen ein Laubbläser zum Einsatz. Klingt raffiniert? Ist es aber nicht! Der Laubbläser wirbelt nämlich so ziemlich alles an Staub und Dreck auf, was da ist. Und das nicht nur während dieser in Betrieb ist, sondern auch danach noch, auch wenn das mit bloßem Auge nicht erkennbar ist.
Dieser Staub ist nicht gut für die empfindlichen Lungen des Pferdes!
✅ Der Misthaufen ist weit von den Boxen entfernt
Auch hier geht es um das Wohl der Atemwege des Pferdes. Denn, wie wir bereits wissen, enthält der Urin der Pferde Ammoniak. Dieser befindet sich in der Einstreu, die aus den Boxen entfernt wird und landet somit auf dem Misthaufen. Befindet sich dieser also direkt neben den Stallungen, ist das nicht gut für die Gesundheit der Pferde.
✅ Es sind Feuerlöscher angebracht
Man braucht sie nie, außer, wenn es soweit ist…
Die Paddocks
Wie wir alle wissen ist es das Beste für die Pferde, im Herdenverband auf der Weide zu leben, mit Raufutter rund um die Uhr und einem trockenen, sauberen Unterstand zum Entspannen.
Leider ist dies in der Regel nicht der Fall. Aber immerhin sind Anlagen mit immer größeren Paddocks und mehr Weidegang auf dem Vormarsch. Sollte man nicht das Glück haben, in der Nähe einer dieser Reitställe zu wohnen, gibt es dennoch Mittel und Wege, die Haltung besser an die natürlichen Bedürfnisse des Pferdes anzupassen.
Auch hierbei gibt es einige Kriterien, auf die man achten sollte.
✅ Der Paddock ist bewachsen und ganzjährig zugänglich
Der ideale Paddock ist mit Gras bewachsen und ist das ganze Jahr über zugänglich (und ist im Winter kein einziges Schlammloch). Die Pferde sind nicht alleine auf dem Paddock, sondern in Gruppen.
✅ Die Zäune sind intakt und bieten kein Verletzungsrisiko
Es ist wichtig, dass nirgendwo Stacheldraht verwendet wird. Daran können sich Pferde ernsthafte Verletzungen zuziehen! Außerdem sollten die Holzpfähle nicht geteert sein. Dies ist giftig für die Pferde, die gerne mal an Holz knabbern und auch noch schlecht für die Umwelt.
Das Futter
✅ Freier Zugang zu Raufutter
Zu Raufutter zählen Gras und Heu. In der Natur verbringen Pferde etwa 60 % ihrer Zeit mit der Nahrungsaufnahme. Daher ist es wichtig, dass Sportpferden, während gerade nicht mit ihnen gearbeitet wird, rund um die Uhr Futter zur Verfügung steht.
Viel – oder noch besser – unbegrenzter Zugang zu Heu oder sogar Weidegras ist daher wichtig für die Gesunderhaltung der Tiere.
✅ 3 bis 4 Mal täglich Kraftfutter
Theoretisch ist Raufutter alleine vollkommen ausreichend. Auch bei Sportpferden! Dazu muss dieses allerdings in hoher Qualität und Quantität zur Verfügung stehen.
Ist Kraftfutter dennoch nicht wegzudenken, sollte es in mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt gefüttert werden. Das liegt daran, dass der Pferdemagen recht klein ist im Verhältnis zu der Menge an Futter, die das Pferd jeden Tag zu sich nimmt. Folglich wird er oft ausgeleert, wodurch sich immer nur eine geringe Menge an Futter im Magen befindet, die auch wirklich gut verarbeitet wird. Damit das Kraftfutter also möglichst lange im Magen bleibt, sollte man davon kleine Portionen füttern.
Die zu fütternde Menge des Kraftfutters hängt natürlich individuell vom Pferd und seinem Training ab.
✅ Zugang zu sauberem Wasser
Es ist selbstverständlich, dass Pferde jederzeit Zugang zu sauberem Wasser haben müssen. Dabei sollte man nicht vergessen, dass sie täglich zwischen 20 und 75 Liter saufen! Auch hier hängt die exakte Menge von mehreren Faktoren, wie z. B. dem Training, der Fütterung und dem Klima ab.
Das Training
✅ Die Pferde werden täglich bewegt 🏋️♀️
Die Pferde sollten ausreichend bewegt werden. Das entweder beim Reiten, bei Bodenarbeit oder sonstigen sportlichen Aktivitäten oder einfach auf der Weide oder dem Paddock. Die Führmaschine ersetzt keinen Weideaufenthalt.
✅ Reitplatz und -halle werden regelmäßig gesprengt 🌨
Auch hier geht es wieder um die Gesunderhaltung des Atmungssystems. Auf einem staubenden Reitplatz arbeiten macht keinen Spaß – man sieht nicht viel und vor allem leidet die Atmung von Pferd und Reiter gleichermaßen, sowohl kurz- als auch langfristig.
✅ Der Boden ist weder zu hart noch zu weich
Die Bodenbeschaffenheit von Reitplatz und -halle ist äußerst wichtig. Eine Studie beweist: Pferde, die immer auf schlechtem Boden gearbeitet werden, haben häufig Probleme mit Knochen, Sehnen und Gelenken.
Er sollte weder zu trocken sein noch sollten sich Pfützen bilden (was sich bei starken Regenfällen auf einem Außenplatz aber manchmal einfach nicht vermeiden lässt).
Mehr dazu: Der Zusammenhang zwischen Boden und Gesundheit des Pferdes
✅ Das Ausreitgelände 🐎
Nichts schweißt die Stallgemeinschaft so gut zusammen wie ein schöner Ausritt! Er motiviert Pferd und Reiter, das Pferd kann sich austoben und findet wieder Freude am Vorwärts – und ganz nebenbei wird auch noch die Kondition verbessert.
Bei der Auswahl der Passagen für Trab und Galopp sollte aber immer auf einen geeigneten Boden geachtet werden.
Weiterlesen: Wie du die Ausdauer deines Pferdes verbesserst
Sonstiges
Bei den bisher genannten Kriterien ging es hauptsächlich um die Gesundheit und das Wohl des Pferdes. Aber es gibt natürlich noch einige weitere wichtige Punkte:
- die Atmosphäre, die Stimmung unter den Reitern
- die Qualität des Reitunterrichts
- die Preise
- die Öffnungszeiten
- die Anfahrt
- nötige Schilder („rauchen verboten” etc.) sind angebracht
- die Qualität (und das Vorhandensein) des Materials, wie z. B. Waschplatz, Solarium, aber auch Schubkarren etc.)
- die ununterbrochene Anwesenheit einer Aufsichtsperson
- Zuverlässigkeit und Flexibilität des Personals: Was, wenn man es einmal nicht zum Stall schafft?
- der Pensionsvertrag (unbedingt vollständig durchlesen!)
- usw.
Diese Liste muss natürlich entsprechend der individuellen Bedürfnisse von Pferd und Reiter angepasst und erweitert werden.
In Frankreich gibt es übrigens ein spezielles Label zur Beurteilung von Reitställen, nämlich das EquuRES. Mit dessen Hilfe soll in erster Linie eine artgerechte Haltung der Pferde gewährleistet werden.
Lade die zum Ausdrucken bereite Checkliste herunter!
Anbei eine kleine Checkliste, mit der du den Überblick über alle Anlagen, die du dir angeschaut hast, behältst.
Falls du gerade auf der Suche nach einem neuen Reitstall bist: viel Erfolg!
Haben wir einen wichtigen Punkt vergessen? Was ist dir bei einem Reitstall wichtig? Was gefällt dir an deinem aktuellen Reitstall besonders gut?
Sag uns deine Meinung!
Bis zum nächsten Artikel
Camille Saute
R&D-Managerin bei Equisense
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Kann jemand einen guten Reitstall in Bayern empfehlen? Am besten in der Nähe von Nürnberg?
Liebe Grüße Sandra
Lieben Dank für die hilfreiche Checkliste für einen optimalen Pferdestall. Das Reiten habe ich erst kürzlich für mich entdeckt, weshalb ich noch einiges lernen muss. Aktuell beschäftige ich mich mit dem idealen Zustand eines Paddocks. Wenn ich das nächste Mal wieder beim Reiten bin, kann ich mit den Infos ja die Umzäunung genauer unter die Lupe nehmen.