4 Techniken gegen Stress für Turnierreiter
Du bist häufig gestresst, vor allem vor einem Turnier? Ich habe hier 4 Lösungen, mit denen du deinen Stress ganz einfach in den Griff zu bekommst.
Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit einen Vortrag von Jonathan Rougier anzusehen. Er ist Sportpsychologe sowie Trainer und Reiter im Stilspringen und er hat uns in seinem Vortrag sein Wissen zum Thema mentale Vorbereitung von Reitern und die Vorteile des Stilspringens in diesem Kontext vermittelt. Ich möchte einige wichtige Punkte hier mit dir teilen, damit du dir diese beim nächsten Turnier zu Nutze machen kannst.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an ihn für seine Hilfe mit diesem Beitrag
Table des matières
1. Setze ein Ziel zur Technik UND zum Turnier
Wie ich bereits im Beitrag “Wie plane ich mein Training, wenn ich allein reite?” erkläre, ist es sehr wichtig, dass du dir ein Ziel setzt. Denn nur so kannst du deine Motivation positiv nutzen.
Es gibt hierbei 2 Arten von Zielen:
- Ziele im Turnier (ich vergleiche mit mit anderen)
- Ziele bezüglich der Technik und deines persönlichen Fortschritts (ich vergleiche meine eigenen Werte im Laufe der Zeit)
Du kannst ein Ziel in 6 Monaten oder 1 Woche erreichen. Die Dauer ist hierbei nicht ausschlaggebend. Wichtig ist es, dass du ein Ziel hast. Bei einem Turnier ist es umso wichtiger, denn hier solltest du gleich 2 Ziele haben: ein Ziel bezüglich deiner Technik UND ein Ziel im Turnier.
Ein Turnierziel allein hilft dir nicht dabei, das Turnier zu gewinnen. Ein Technikziel allein führt dazu, dass du den gewissen Ehrgeiz, den du für das Turnier benötigst, verlierst.
In anderen Sportarten ist dieses Prinzip bereits sehr bekannt: wenn man sich lediglich auf das Gewinnen konzentriert und die Technik außer Acht lässt, verfällt man schnell in ein “aggressives” Verhalten, das sehr häufig zur Niederlage führt. Das Gleiche gilt auch beim Reiten. Im Turnierfinale versuchen viele Reiter, die beste Zeit zu erreichen und vergessen dabei, auf die korrekte Ausführung zu achten. Somit fällt schnell einmal eine Stange und der Sieg ist weg. Schade! Ein technisches Ziel verpflichtet dich zudem dazu, einen strikten und ausgereiften Trainingsplan einzuhalten, der dich mental besser auf das Turnier vorbereitet! Je besser trainiert man ist, desto sicherer fühlt man sich und desto weniger Stress kommt auf.
Wie sieht ein gutes Ziel also aus? 🎯
Ein gutes Ziel ist SMART. Es handelt sich hierbei nicht um das englische Wort für klug (könnte es natürlich), sondern um eine Abkürzung für:
- Specific (oder simple) – das Ziel muss eindeutig definiert und präzise sein
- Measurable – das Ziel muss messbar sein. Somit kannst du erkennen, ob du auf dem richtigen Weg bist
- Achievable – das Ziel muss ansprechend bzw. erstrebenswert sein. Wenn es zu einfach ist, macht es ja auch keinen Spaß
- Reasonable – das Ziel muss dennoch realisierbar sein. Ein Ziel, das nicht erreicht werden kann, demotiviert und bringt uns nicht weiter
- Time-bound – das Ziel muss mit einem fixen Datum kommen. Das kann eine Periode, ein Monat oder ein genauer Tag sein
Einige Beispiele für gute Ziele
🏆 Ein Beispiel für ein gutes Turnierziel könnte so aussehen: „Einen fehlerfreien Parcours im L-Springen beim nächsten Turnier in Aachen am 2. Wochenende im Mai zu reiten“. Das Ziel ist einfach zu verstehen, einfach zu messen, ansprechend aber dennoch möglich und enthält ein Datum.
📈 Beispiel für ein technisches Ziel: „Ich möchte, dass mein Pferd Anfang März Traversalen im Schritt und Trab reiten kann, ohne dabei seine Aufrichtung zu senken und seine Symmetrie von 7/10 zu verschlechtern.“ Der Vorteil dieses Ziels ist, dass du es mit dem Equisense Motion messen kannst.
Und was ist dein Ziel?
„Es ist willkürlich und riskant, eine Saison ohne Ziel zu beginnen.“ Patrick Galloux
💡Mein Tipp
Wenn ich dir einen Tipp geben darf: Notiere dein Ziel auf einem Blatt Papier oder in deinem Handy, damit du es immer vor Augen hast. Die Idee dabei ist, dass du das Ziel nicht vergisst (so wie die schönen Neujahrsvorsätze, die nach nur 1 Woche schon wieder der Vergangenheit angehören ).
Bis wir diese Funktionalität in der Equisense App fertiggestellt haben, kannst du dein Ziel z. B. als Aktivität notieren und ein Datum, das in der Zukunft liegt, hinzufügen. Das Ziel bleibt somit immer ganz oben in der App, wo du es immer schön sehen kannst.
Bewerte das Erreichen deines Ziels immer in Prozent, anstelle eines simplen „ erreicht“ oder „ nicht erreicht“. Das ist motivierender und sagt viel mehr über deinen tatsächlichen Erfolg aus. Ist es nicht schöner zu sagen, „ Ich habe 75% meines Ziels erreicht“ als zu sagen „ Ich habe mein Ziel verfehlt“ ? Es gibt immer etwas Positives, auch wenn das Ziel nicht 100% erreicht wurde.
2. Schätze dich richtig ein und vermeide Stress
Psychologischer Stress oder “mentale Angst” ist eine natürliche Furcht des Menschen, die im Kopf stattfindet aus Angst, etwas nicht zu schaffen. Es handelt sich dabei nicht um die Angst vor einem Sturz, sondern lediglich davor sich Schwach und Anfällig zu zeigen. Diese Art von Stress steht häufig in Verbindung mit einem schwachen Selbstwertgefühl oder wenig Vertrauen in sich selbst. Und das kennen wir doch alle nur allzu gut aus dem Turnier.
Dieser psychologische Stress kann mithilfe einer einfachen Formel ermittelt werden:
Psychologischer Stress = Niveau meines Pferdes (/5) – Schwierigkeitsgrad der Aufgabe (/5)
Beispiel: Wenn du schätzt, dass du und dein Pferd momentan ein Leistungsniveau von 3/5 haben und die Aufgabe oder das Turnier ein Niveau von 4/5, dann bedeutet dies, dass dein psychologisches Stressniveau bei -1 liegt.
Ein gutes psychologisches Stressniveau sollte zwischen -1 und +1 liegen.
- Unterhalb dieses Niveaus, d. h. bei -2 oder -3, ist der Stress zu hoch. Dies bedeutet häufig, dass die Aufgabe oder das Turnier zu schwierig für uns ist. Das ist nicht ideal.
- Werte oberhalb dieses Niveaus, d. h. bei +2 oder +3, bedeuten, dass die Aufgabe zu einfach ist. Das ist nicht motivierend genug.
Diese Formel basiert auf deiner Selbsteinschätzung. Beachte, dass man hierbei häufig sein eigenes Niveau unter- und das der Aufgabe überschätzt.
Es ist hilfreich, dich regelmäßig selbst einzuschätzen, um dein psychologisches Stressniveau auf Dauer zu senken. Eine bessere Selbsteinschätzung führt zu mehr Objektivität. Dies führt dazu, dass du dich für die richtigen Turnier anmeldest, die in deinem idealen Stressbereich liegen.
Stelle dir also häufig Fragen wie: „ Was beherrsche ich bereits?“ „Was muss ich noch lernen?“ „Wo liegen meine Grenzen?“
Je klarer du dich selbst siehst, desto ruhiger gehst du ins Turnier.
💡Equisense Motion Sport: Dein Begleiter für mehr Objektivität
Nutze den Equisense Motion Sport in deinem täglichen Training und auf deinem Turnier, um ein objektives Feedback zu deiner Leistung zu erhalten.
Wenn du also denkst, dass du einen regelmäßigen Takt beim Anreiten hast, dann bestätigt der Motion Sport dir das mithilfe seiner Springparcours-Analyse! Es ist doch immer nützlich, sein Gefühl zu bestätigen und, wenn nötig, sich selbst zu hinterfragen.
3. Nutze deine mentale Vorstellungskraft 💭
Vorab ein kleiner Test anhand dieses Videos. Hierbei gilt es lediglich, alle Pässe der weiß gekleideten Personen zu zählen. Nichts mehr. Achtung, es geht relativ schnell.
Wie im Video erklärt, sind es 15 Pässe (ich zähle jedes Mal 16…). Hast du den Gorilla im Bildschirm gesehen?
Nein?! Dann bedeutet dies, dass du einen Teil der Informationen automatisch ausblendest, wenn du dich konzentrierst.
Ja! Du hast die richtige Anzahl an Pässen gezählt und den Gorilla gesehen. Dann bedeutet dies, dass du eine geteilte Aufmerksamkeit hast.
Beim Springreiten und Stilspringen kann es sehr schnell vorkommen, dass du gewisse Informationen ausblendest, wenn du dich z. B. besonders auf das Anreiten konzentrierst. Das passiert sehr vielen Reitern! Wir vergessen somit ebenfalls auf andere technische Aspekte wie Gleichgewicht, Takt usw. zu achten.
Mache dir deine mentale Vorstellungskraft zu nutzen, um dem vorzubeugen. Stelle dir den Parcours mit all seinen Schwierigkeiten und möglichen problematischen Stellen aus unterschiedlichen Blickwinkeln vor.
Du kannst dir den Parcours aus diesen unterschiedlichen Perspektiven betrachten:
- äußere Perspektive (zur Lösung des Problems der Linienführung)
- inner Perspektive (als ob du auf dem Pferd säßest)
- kinästhetische Perspektive (indem du die Empfindungen nachfühlst)
Wenn du den Parcours vorab aus diesen unterschiedlichen Perspektiven betrachtest, kannst du dich perfekt auf eventuelle Probleme vorbereiten und bist bereit, wenn es wirklich darum geht!
4. Mach Übungen zur Herzkohärenz
Bisher haben wir viel vom mentalen oder psychologischen, jedoch nur wenig vom körperlichen Stress gesprochen.
Körperlicher Stress kann sich auf unterschiedliche Arten bemerkbar machen: Steigerung der Herzfrequenz, Steigerung der Atemfrequenz, gesteigerte Achtsamkeit, Verkrampfung, Zittern, Atemnot, Gedächtnisverlust, Übelkeit, Erbrechen, Verkleinerung des Blickfeldes, Klammer- oder Greifreflex, Einnahme der Fötushaltung (wir rollen uns zusammen, das Aufrechthalten fällt schwer) …
Das Problem hierbei ist, dass Pferde diese Reaktionen nur allzu gut wahrnehmen, besonders das Zittern, Zusammenrollen und die Klammerreflexe. Ein großer Nachteil im Turnier.
Zur Bewältigung dieser Art von Stress kannst du Übungen zur Entspannung und Herzkohärenz machen, die zur Entspannung deiner Muskeln, Hände und Schultern führen!
Unter Herzkohärenz versteht man die Kontrollierung seiner Herzfrequenz durch bewusstes Atmen. Dabei atmest du 5 Sekunden lang ein und im Anschluss 5 Sekunden lang aus. Und das Ganze für 6 Minuten. Indem du deine Atmung kontrollierst, senkst du deine Herzfrequenz und reduzierst deinen Stress!
Es müssen hierbei nicht unbedingt Übungen zur Herzkohärenz sein. Du kannst ein anderes Ritual finden, das dir dabei hilft, dich in jeder Situation zu entspannen und somit leistungsfähiger zu sein!
💡Mein Tipp
Hier meine 2 Methoden, die super für mich funktionieren:
1- Vorstellung eines schönen Moments
Stelle dir einen schönen Moment, eine Reise z. B., Minute für Minute vor! Ich denke dabei häufig an meinen Urlaub in London oder Montreal. Ich stelle mir jedes Detail jedes Tages genau vor. Das hilft mir dabei, negative Gedanken zu vertreiben! Versuche es doch auch einmal. Es wirkt wahre Wunder!
2- Die App Petit Bambou
Downloade die kostenlose App Petit Bambou. Sie enthält Tonspuren, die dir dabei helfen, dich zu entspannen!
Wir von Equisense finden diese App einfach super und du kannst sie sehr einfach vor deinem Turnier verwenden.
Stilspringen: Die beste Disziplin gegen Stress
Beim Stilspringen handelt es sich um eine Disziplin im Reiten, bei der Hindernisse mit größtmöglicher Harmonie in einem Parcours übersprungen werden.
Worauf beim Stilspringen besonders geachtet wird
Richter achten beim Stilspringen auf unterschiedliche Dinge:
Es wird hierbei auf die Qualität der Ausführungen und der Kontrolle des Reiters geachtet. Der Reiter kann also sein Können in unterschiedlichen Gangarten zeigen, indem er Hindernisse schräg überspring, Fußwechsel und In-Outs reitet und die richtige Anzahl von Schritten einhält.
Zudem hat er die Möglichkeit, im Galopp die genaue Linienführung darzustellen. Dabei begegnet er Schwierigkeiten, wie schrägen Sprüngen, sehr enge Wendungen, schmale Hindernisse usw.
Weiterhin gibt es wie auch beim Springreiten große Grand Prix Turniere, bei denen der Reiter anhand seines Takts, der richtigen Anzahl der Schritte, der Hilfen usw. bewertet wird. Es gibt natürlich auch Mischformen, wie das Derby oder eine Mischung aus Stilspringen und Springen, bei dem der gleiche Parcours 2 Mal geritten wird: einmal nach den Regeln des Stilspringens und einmal nach denen des Springreitens.
Beim Stilspringen kommt es also vor allem auf die Harmonie zwischen Reiter und Pferd an. Wenig Hilfengebung und eine perfekte Kontrolle sind sehr wichtig bei dieser Disziplin. Wenn das nicht sehr nützlich beim Springen ist, dann weiß ich auch nicht weiter??
Wie hilft das Stilspringen gegen Stress beim Reiten?
Bei dieser Disziplin ist es grundlegend, sich 2 Arten von Zielen zu setzen, sich selbst einschätzen zu können und sich den Parcours mental vorzustellen. Alle 3 bis 4 Punkte, die ich oben bereits erwähnt habe.
Es ist nicht möglich beim Stilspringen mit nur einem Ziel erfolgreich zu sein. Du benötigst zwangsläufig ein technisches Ziel und ein Ziel im Turnier.
Die hohen technischen Anforderungen dieser Disziplin machen es unmöglich, lediglich an das Ziel im Turnier zu denken und die Technik dabei außer Acht zu lassen.
Beim Stilspringen müssen:
- dein Galopp taktrein sein
- das Anreiten sauber sein
- die Übergänge korrekt und präzise sein
- usw.
Ohne die richtige Technik ist es also nur sehr schwer, dein Ziel im Turnier zu erreichen. Und zum Erlangen der richtigen Technik bedarf es einem strikten Trainingsplan, der gewissenhaft ausgeführt wird und Teil einer mentalen Vorbereitung ist. Wie oben bereits erwähnt, fühlt man sich sicherer und weniger gestresst im Turnier, wenn man gut vorbereitet ist!
Beim Stilspringen ist es zudem besonders wichtig, dass du lernst, dich selbst richtig einzuschätzen. Du musst dir im Klaren darüber sein, was du leisten kannst, um dich zu den richtigen Turnieren anzumelden.
Je besser das Turnier an unser Leistungsniveau angepasst ist, desto sicherer fühlen wir uns und desto weniger hinderlicher Stress kommt auf!
Schaut man sich die technischen Schwierigkeiten solch eines Parcours an, wird schnell klar, dass eine mentale Vorstellung Teil einer guten Vorbereitung ist. Die mentale Vorstellung hilft dir dabei, bereit zu sein, wenn es wirklich darum geht!
Fazit
Wenn du häufig Stress auf einem Turnier verspürst, hier meine 5 Tipps für dich:
- Setze dir 2 Ziele: eines bezüglich der Technik und eines im Turnier – Das hilft dir dabei, motiviert zu bleiben und verbessert dein Training. Fazit: Du bist besser!
- Lerne dich regelmäßig selbst einzuschätzen, um die richtigen und an dein Leistungsniveau angepassten Turniere auszuwählen.
- Stelle dir den Parcours mental vor und achte besonders auf die Schwierigkeiten dieses Parcours.
- Entspanne dich, bevor du aufs Pferd steigst.
- Übe dich im Stilspringen!
Ich hoffe diese Tipps helfen dir bei deinem nächsten Turnier!
Bis bald zu einem neuen Artikel
Camille Saute
Mitbegründerin von Equisense