Seitengänge reiten – Die Vorteile
Heute arbeiten wir einmal an den Seitengängen. Ich weiß, dass diese Idee den meisten Reitern (und Pferden) so gar nicht gefällt. Umso besser! Ein Grund mehr diesen Artikel zu lesen und zu erfahren, warum du dennoch von Zeit zu Zeit mit deinem Pferd (und dies gilt nicht nur für Dressurpferde!) an den Seitengängen arbeiten solltest. Seitengänge voraus!
Seitengänge gehören zum Pflichtprogramm eines jeden Reiters, der sein Pferd artgerecht und gesunderhaltend trainieren möchte. Um den Sinn und den Ablauf von Übungen wie dem Schulterherein oder Traversalen jedoch richtig zu verstehen, bedarf es einigen Erklärungen und Beispielen. In diesem Artikel findest du alles, was du über die Seitengänge wissen musst.
Table des matières
Adduktion und Abduktion
Zusammenfassung und Definition
Die Besonderheit der Seitengänge besteht darin, dass die Adduktoren und Abduktoren eine große Rolle bei den Bewegungsabläufen spielen. Sie sorgen für die Öffnungs- und Schließbewegungen der Gliedmaßen im Verhältnis zum Körper des Pferdes.
Adduktion bezeichnet die Annäherung eines Körperteils zur Körpermitte des Pferdes hin. Adduktion ist also das Heranziehen eines Körperglieds an den Körper.
Abduktion im Gegensatz dazu bezeichnet das Entfernen eines Körperteils von der Körpermitte. Es handelt sich also um das Abspreizen eines Körperteils.
Mit den Seitengänge arbeitest du besonders stark an den Adduktoren und Abduktoren, und somit unterstützt du den Muskelaufbau. Denn nur die Muskeln können diese Bewegungen ermöglichen.
Adduktoren und Abduktoren
Wenn wir das Ganze einmal mit unserem Körperbau vergleichen, stellen wir fest, dass wir wie unsere Pferde Adduktoren und Abduktoren besitzen.
In unserem Oberkörper zum Beispiel fungieren unsere Brustmuskeln als Adduktoren und die Muskeln um unser Schulterblatt herum (Trapezmuskel, Deltamuskel …) als Abduktoren.
In unserem Unterkörper nennt man diese Muskelgruppe ganz einfach generell Adduktoren (immerhin einfach zu merken). Das sind genau die Muskeln an der Innenseite deiner Oberschenkel, die dir nach einer Trainingseinheit im ausgesessenen Trab manchmal weh tun! Dazu gehören die Adduktoren der Oberschenkel, die Gesäßmuskulatur und die Fascia Lata, die Bindegewebshülle am Oberschenkel, die die Muskeln an der Außenseite des Oberschenkels zusammenhält.
Beim Pferd ist es genau das Gleiche! Hier einige anatomische Körperteile des Pferdes, damit du die verschiedenen Muskeln besser kennen lernst.
Was ich dir damit zeigen will? Dass ein einfaches Schulterherein wie Body Building fürs Pferd ist. Wenn du also willst, dass dein Pferd Muskeln aufbaut und in der Schulter an Begeglichkeit gewinnt, ist das genau die richtige Übung für dich. Dabei muss natürlich angemerkt werden, dass es sich dabei nicht um „reine“ Abduktions- und Adduktionsbewegungen handelt. Wenn dein Pferd sein Vorderbein bei der Traversale abspreizt, dann bewegt es das Bein zur Seite UND nach vorne. Du erzielst somit sogar einen doppelten Effekt, indem du zusätzlich die Bauchmuskulatur für die Bewegung aus der Hinterhand einbringst.
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Warum spricht man von Hankenbeugen?
Du hast es bestimmt schon 1000-mal gehört: „Spürst du die verstärkte Hankenbeugung?“ Deine Antwort darauf: „ähm… joa…“.
Warum sagen unsere Reitlehrer das?
Sie sagen das, weil das Sprung- und das Kniegelenk keine Abduktoren- oder Adduktorenbewegungen ausführen können. Sie können sich lediglich biegen oder strecken. Wenn du die Hinterhand also heranziehen oder abspreizen willst, musst du die Hüfte deines Pferdes dafür einsetzen.
Nehmen wir einmal das Beispiel einer Traversale nach rechts. Wenn das linke Hinterbein eine Adduktionsbewegung (nach vorne und nach innen) ausführt, ziehen sich gleichzeitig die Bauchmuskeln zusammen, um die Vorwärtsbewegung zu ermöglichen. Die Gesäßmuskulatur hingegen lockert sich, um für die Kippbewegung der Hüfte und somit das Kreuzen der Hinterbeine zu sorgen. Das nennt man Hankenbeugung.
Passiert das Gleiche mit den Schultern?
Fast! Die Form des Brustkorbs und die Position der Vorderbeine (insbesondere der Schulterblätter) machen eine Adduktions- oder Abduktionsbewegung fast unmöglich. Die Tatsache, dass die Gelenke der Vorderbeine, wie bereits bei den Hinterbeinen, nur wenig Spielraum für seitliche Bewegungen lassen, erleichtern die Aufgabe nicht gerade.
Bei einer Adduktionsbewegung (Heranziehen des Vorderbeins) passiert also Folgendes: die Bauchmuskeln ziehen sich zusammen, was zu einer Beugung der gesamten Schulter und somit einem Kreuzen der Vorderbeine führt.
Bei jeder Bewegung aktivieren sich ebenfalls Muskeln (Antagonisten), die entgegengesetzte Bewegungen ausführen und sich bei einem Strecken z. B. zusammenziehen, um die Streckbewegung einzuschränken.
Bei einer Abduktion (Abspreizen) ziehen sich der Trapezmuskel und der Musculus rhomboideus zusammen, um die Schulter nach oben zu ziehen. Die Brustmuskulatur fungiert in diesem Fall als Gegenspieler, um die Bewegung einzuschränken.
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Deshalb eignen sich die Seitengänge besonders gut, um Muskeln in der Vorderhand des Pferdes aufzubauen!
📚 Gut zu wissen: Wie wirkt sich mein Training eigentlich auf die Muskeln meines Pferdes aus?
Wozu dienen Seitengänge also?
Die Seitengänge dienen insbesondere dazu, den Reiter zu ärgern (Spaß beiseite), und darüber hinaus der:
- Stärkung der Gesäßmuskulatur, die stark beansprucht wird, um die Hinterbeine abzuspreizen
- Stärkung der Bauchmuskeln, die beansprucht wird, um für ein Kreuzen der Hinterbeine zu sorgen
- Stärkung der inneren Oberschenkelmuskulatur, wenn die Hinterbeine abfußen
- Stärkung der Bauch- und Brustmuskeln während dem Kreuzen der Vorderbeine
- Stärkung der Muskeln des oberen Schulterbereichs, d. h. am Widerrist und am Ende des Halses, die beansprucht werden, um die Vorderbeine abzuspreizen
- Verbesserung der Beweglichkeit des Pferderückens, dank der verschiedenen Bewegungsabläufe
- Verbesserung der Geschmeidigkeit der Hüfte, was somit Hüftproblemen vorbeugt
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Ich brauch dir also nicht zu sagen, dass dein Pferd von der Diszilpin unabhängig dabei nur gewinnen kann! Nun gibt es also keine Ausrede mehr und du kannst loslegen! 😉
Bis zum nächsten Artikel
Camille Saute
R&D-Managerin bei Equisense
wow, das sind ja wirklich extrem viele Vorteile. Ich baue Seitengänge auch gerne ins Training mit ein, jetzt vielleicht noch öfters 😉