Die 3 häufigsten Fehler bei der Fütterung
Die richtige Fütterung des Pferdes ist ein komplexes Thema. Vielleicht hat sich auch in deinen Fütterungsplan der ein oder andere Fehler eingeschlichen. Denn oftmals verlieren wir aus den Augen, dass Pferde ein ganz anderes Verdauungssystem haben als wir Menschen und daher natürlich auch anders gefüttert werden müssen. Aber keine Sorge, wir erklären, wie es richtig geht!
Table des matières
1. Unbegrenzt Futter rund um die Uhr ⏱
Das Pferd ist ein Monogastrier, d. h. es hat, wie wir Menschen auch, nur einen Magen und ist Pflanzenfresser. Zudem ist das Verdauungssystem des Pferdes sehr spezifisch. Es hat einen kleinen Magen, aber einen langen Darm, in dem sich daher auch der Großteil des Verdauungsprozesses abspielt. An diesem sind zunächst im Dünndarm spezielle Enzyme, anschließend im Dickdarm die Bakterien der Darmflora, beteiligt.
Nach dem Kauen und dem Transport durch die Speiseröhre wird die Nahrung also als Speisebrei in den Magen transportiert, wo die Verdauung dann weitergeht. Durch die Magensäure wird das Volumen der Nahrung reduziert. Das Erstaunliche hierbei ist, dass der Magen des Pferdes gerade einmal 10 bis 15 Liter fasst, das Pferd aber pro Tag 50 bis 70 Liter zu sich nimmt. Daher wird der Magen 6 bis 8 Mal täglich geleert. Während einer einzigen Mahlzeit leert er sich bis zu 2 Mal, um nur die zuletzt aufgenommene Portion Nahrung zu behalten. Diese bleibt länger im Magen und wird dort von der Magensäure verarbeitet. Das bedeutet, dass die ersten zwei Drittel einer Mahlzeit sich nur eine Stunde lang im Magen befinden und die letzten beiden Drittel dafür 5 bis 8 Stunden. Aus diesem Grund wirkt die Magensäure vor allem auf die letzten 10 Liter der Mahlzeit. Das entspricht in etwa 2 kg Heu oder 4 kg Kraftfutter.
SO GEHT’S RICHTIG ✅
Man sollte dem Pferd also über den Tag verteilt mehrere kleine Rationen füttern, z. B. 2 kg Heu oder 3 kg Kraftfutter. Auf diese Weise bleibt das Futter länger im Magen, wodurch dort die Verarbeitung optimal verläuft und somit auch gute Bedingungen für die Weiterverarbeitung durch die Bakterien im Dickdarm geschaffen werden.
Des Weiteren beeinflusst die innere Uhr des Pferdes sein Hungergefühl, die Vorbereitung von Verdauungssekreten und die Stoffwechselfunktionen. Das regelmäßige Füttern hat somit positive Auswirkungen auf den Körper und sogar auf die Psyche des Pferdes. Natürlich sollte man bei der Planung der Fütterung berücksichtigen, wie viel sich das Pferd von sich aus den gesamten Tag über bewegt und wie intensiv das Training ist (siehe Punkt 3).
2. Kraftfutter vor Heu 🌾🌱
Es wird empfohlen, das Kraftfutter nach dem Heu zu füttern, weil es auf diese Weise ganz einfach effizienter verarbeitet wird. Wie wir nun wissen, bleiben die ersten zwei Drittel jeder Mahlzeit nur etwa eine Stunde im Magen, das letzte Drittel hingegen 5 bis 8 Stunden. Füttert man dem Pferd also erst das Kraftfutter und anschließend das Heu, dann bleibt das Heu 5 bis 8 Stunden lang im Magen und nicht das Kraftfutter. Dieses wird sofort in den Darm weitergeleitet und kann daher nicht ausreichend von der Magensäure verarbeitet werden.
Abgesehen vom Pferdemagen, der in der Lage ist, die Nahrung ziemlich schnell weiterzuleiten, spielt auch die Vorbereitung der aufgenommenen Nahrung durch das Kauen eine wichtige Rolle. Beim Kauen wird die Nahrung fein zerkleinert und die Speichelproduktion wird angeregt. Dennoch kann es zu Problemen bei der Verdauung oder Fermentierung kommen.
Das Kraftfutter kann dabei ruhig länger im Magen verweilen. Allerdings sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass es nicht zu Verdauungsbeschwerden oder einem Ausdehnen des Magens kommt. Denn hier besteht schnell die Gefahr einer Kolik. Wie du bestimmt weißt, kann das Pferd sich weder übergeben noch aufstoßen.
Füttert man zuerst das Heu, dann hat das Pferd die Gelegenheit, gründlich zu kauen, wodurch viel Speichel produziert wird. Dies wiederum führt dazu, dass der Magen geleert wird und dass die Peristaltik, also die Bewegung des Darms, die den Speisebrei weiterleitet, angeregt wird. Das Ziel dabei: den Verdauungsprozess anzukurbeln, um die bereits angesprochenen Probleme in Bezug auf die Verdauung oder Fermentierung zu vermeiden, die durch die Stagnation des Speisebreis begünstigt werden. Das Verdauungssystem ist nun also bestens darauf vorbereitet, das Kraftfutter zu verarbeiten.
Mehr zum Thema: Hafer – Red Bull fürs Pferd?
3. Kraftfutter direkt vor dem Training 🍔 🏇
Es ist für das Pferd angenehmer, wenn zwischen der letzten Mahlzeit und dem Training ein bisschen Zeit vergangen ist. Das ist bei uns Menschen nicht anders. Schonmal versucht, direkt nach dem Mittagessen zu joggen? 🤢
Genauso ist aber auch ein langes, intensives Training auf komplett leeren Magen nicht zu empfehlen. Dabei ist der Körper nämlich gezwungen, auf seine Reserven zurückzugreifen (viele Leute schwören ja darauf, noch vor dem Frühstück zu joggen, um schneller abzunehmen). Zusätzlich steht diese Trainingsmethode in Verdacht, die Entstehung von Magengeschwüren zu begünstigen.
Deshalb ist es ratsam, das Pferd wenigstens 2, besser noch 3 Stunden vor einem wichtigen Turnier zu füttern. Dabei sollte man vor dem Beginn des Trainings die Zeit berücksichtigen, die benötigt wird, um die Nahrung zu verarbeiten und sie aus dem Magen weiterzuleiten (siehe Punkt 1).
Des Weiteren strömt während der Verdauung eine Menge Blut in den Verdauungstrakt, weshalb die Arbeit der Muskeln mitunter nicht optimal erfolgen kann. Dies gilt ebenfalls für die Funktion des Herzens und der Thermoregulation, die natürlich beide bei körperlicher Anstrengung eine entscheidende Rolle spielen. Ist das Training sehr intensiv, stellt der Organismus den Muskeln mehr Blut zur Verfügung. Der Verdauungstrakt wird also unter Umständen nicht optimal mit Sauerstoff versorgt, was wiederum zu einer Kolik führen kann.
Marine Slove
Tierärztin und Produktmanagerin bei Equisense
👍🏻👎🏻 Du würdest uns gerne dein Feedback zu unseren Blog-Artikeln geben? Du hast einbestimmtes Thema im Kopf, das dich schon länger beschäftigt ? ==> Sag uns Deine Meinung 👍🏻👎🏻
Quellen
-
C. Kaefer, “Dans quel ordre distribuer les aliments aux chevaux ? Le foin avant les concentrés !”, Technique d’élevage. [online]. Verfügbar unter : http://www.techniquesdelevage.fr/2014/12/dans-quel-ordre-distribuer-les-aliments-aux-chevaux-le-foin-avant-les-concentres.html [Letzter Aufruf : 08. Februrar 2018].
-
R.M. Wolter, C. Barré, P. Benoît, 2014. L’alimentation du cheval. Edition France agricole, dritte Auflage
-
E.g.: Icons made by Freepik, Vignesh Oviyan, Kirill Kazachek, Smashicons from www.flaticon.com
“Horse” icon made by Iconic, from The Noun Project