Dehydration: Wenn das Pferd schwitzt…
Es ist endlich soweit – der Sommer ist da! Und damit geht auch die Turniersaison wieder los. Das ist vor allem für Pferde eine „schweißtreibende Angelegenheit“.
Also der ideale Moment, um das Thema Schwitzen und andere Probleme wie Schweißabsonderung, Thermoregulation und Dehydration beim Pferd anzusprechen. Wir kommen ebenfalls auf Elektrolyte zu sprechen, von denen viel gesprochen wird, jedoch kaum einer weiß, worum genau es sich dabei eigentlich genau handelt.
Table des matières
1. Warum schwitzen wir?
Das Schwitzen dient dazu, den Körper abzukühlen. Wenn der Schweiß (also die Flüssigkeit) auf unserer Haut trocknet (verdunstet), sorgt dies dafür, dass unser Körper abkühlt.
Dieser Vorgang ist sehr wichtig, da der Mensch und das Pferd, wie die meisten Säugetiere, gleichwarme (homoiotherme) Lebewesen sind, d.h. sie verfügen über physiologische Mechanismen zur Regulierung ihrer Körpertemperatur. [1] Jedoch haben nicht alle Säugetiere den gleichen Mechanismus. Katzen und Hunde z.B. geben überschüssige Wärme über ihre Zunge ab, während Pferde sie über alle Poren ihres Körpers absondern.
Wer schwitzt, der verliert Flüssigkeit…
Bei starker Hitze kann ein Pferd bei Ausdauerleistungen 10 bis 15 Liter Flüssigkeit pro Stunde verlieren, im Vergleich zu 7 bis 8 Liter/Stunde bei gemäßigter Temperatur, was innerhalb von 5 Stunden bereits 8% des Körpergewichts des Pferdes ausmacht. Das ist extrem viel. [2]
…und muss viel trinken!
Solch eine enorme Schweißabsonderung geht mit einem enormen Flüssigkeitsverlust einher und verlangt ein regelmäßiges Auffüllen der Wasserreserven. Das Pferd sollte also viel trinken! Ein Pferd kann je nach Größe, Klima, Ernährung etc. am Tag zwischen 20 und 75 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen (als Vergleich, ein „normaler” Eimer entspricht 20 L). Säugende Stuten können pro Tag zwischen 15 und 30 Liter zusätzlich benötigen. [2]
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2. Und was hat es mit den Elektrolyten auf sich?
Elektrolyte sind das, was du deinen Pferden gibst, wenn es warm ist, auch wenn du nicht genau weißt warum! Man findet Elektrolyte als Puder, in flüssiger Form (beide werden mit dem Trinkwasser verdünnt) oder als Paste.
Aber wozu sind sie eigentlich gut?
Im Gegensatz zu uns ist der Schweiß des Pferdes hypertonisch. Das heißt er enthält eine größere Menge an Ionen als der Schweiß von Menschen. Er enthält 3-mal mehr Natrium (NA+ -Ionen), 5-mal mehr Kalium (K+ -Ionen) und bis zu 20-mal mehr Magnesium (MA++ -Ionen) etc.
Diese Ionen (diese sogenannten Elektrolyte) sind notwendig, um den Wasserhaushalt auszugleichen und die allgemeinen Lebensfunktionen des Organismus aufrecht zu erhalten. Pferde sondern beim Schwitzen zudem Proteine ab, deren Menge in extremen Fällen nicht zu vernachlässigen ist (vor allem bei großer Anstrengung). [2]
Das Problem beim hypertonischen Schwitzen ist, dass die Zellen bei einem dehydrierten Pferd (das noch mehr Elektrolyte als Flüssigkeit verloren hat) arm an Ionen sind. Die Ionen-Konzentration innerhalb der Zellen ist somit sehr niedrig.
Wenn das Pferd nun viel Wasser (ohne Elektrolyte) trinkt, sinkt die Konzentration in den Zellen noch weiter. Der Körper versucht systematisch, einen Konzentrationsgleichgewicht zwischen dem inneren und äußeren Milieu der Zellmembran zu schaffen. Das ist das Prinzip der Osmose. Wenn die Ionen-Konzentration in der Zelle also niedrig ist, würde eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr dieses Ungleichgewicht nur noch verstärken. Das ist der Grund dafür, dass das Pferd keinen Durst verspürt!
Der Schweiß von uns Menschen ist hypotonisch. Wenn wir an Flüssigkeit verlieren, steigt die Ionen-Konzentrationen in unseren Zellen. Der Körper versucht, diese Konzentration zu verdünnen und signalisiert uns das Gefühl von Durst.
Die Elektrolytzufuhr beim Pferd dient also der Wiederherstellung der erschöpften Reserven und der Gewährleistung einer ausreichenden Hydratation, indem das Gefühl von Durst vermittelt wird.
Aber Achtung! Nur weil dein Pferd ein wenig schwitzt, heißt das nicht, dass du ihm systematisch Elektrolyte geben solltest! Das kann in manchen Fällen sogar schlecht für dein Pferd sein. Denn, wenn das Pferd keinen freien Zugang zu Wasser hat, kann es dennoch eine Dehydration erleiden. Das passiert dann, wenn du seine Ionen-Konzentration in den Zellen erhöhst und es nicht genug trinken kann, um diese auszugleichen. Das beste Elektrolyt, das du deinem Pferd geben kannst, ist Salz!
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3. Risiken einer Dehydration
Das Risiko für eine Dehydration ist bei hohen Temperaturen also besonders hoch. Aber was genau passiert, wenn dein Pferd dehydriert? Hier zwei Beispiele:
3.1 Hyperthermie
Eine Dehydration kann zu einer Hyperthermie führen. Es handelt sich dabei um einen Zustand, in dem das Pferd nicht mehr ausreichend Schweiß absondern kann, um sich abzukühlen. Seine Körpertemperatur erhöht sich, was sehr gefährlich werden kann! Ein zu starkes Ansteigen der Körpertemperatur kann zum Koma oder sogar zum Tod führen, da es zu einer irreversiblen Schädigung des Gehirns führen kann.
Eine Hyperthermie nennt man auch „Hitzschlag”.
Dazu kommt es bei hohen Außentemperaturen natürlich häufiger als im Winter. Turnierpferde in schlechtem körperlichen Zustand, die bei warmem und feuchtem Klima trainiert werden, sind häufig davon betroffen. Aber auch Pferde im immobilen Zustand können einen Hitzschlag erleiden, wenn sie sich an einem schlecht belüfteten, warmen und feuchten Ort aufhalten. Ein typisches Beispiel dafür ist beim Transport. [3]
Die klinischen Anzeichen
Die betroffenen Pferde weisen im Allgemeinen eine „schlechte Schweißabsonderung” auf (sie sind dehydriert und schwitzen daher nicht mehr genug). Sie fühlen sich trocken und warm an, bevor der Hitzschlag eintritt. Sie atmen sehr schnell und haben eine erhöhte Herzfrequenz (der Ruhepuls eines Pferdes liegt üblicherweise zwischen 30 und 40 Schlägen pro Minute) sowie eine erhöhte Rektaltemperatur (41-43°C).
Du kannst ebenfalls eine Art von Teilnahmslosigkeit oder Schwäche und einen verminderten Appetit feststellen. Dein Pferd zeigt sich vermutlich auch beim Trainings lustlos und träge. [3]
Das richtige Verhalten
Als erstes solltest du natürlich deinen Tierarzt anrufen und ihm erklären, was los ist. Du kannst die Temperatur deines Pferdes vor dem Anruf messen. Diese Info hilft dem Tierarzt dabei, den Ernst der Lage zu beurteilen.
Handelt es sich um einen Hitzschlag, rät dir dein Tierarzt wahrscheinlich dazu, dein Pferd an einen schattigen Ort mit guter Luftzufuhr zu bringen, es mit kühlem Wasser (Achtung! Kein eiskaltes Wasser) zu begießen oder mit einer nassen Decke einzudecken, um seine Temperatur zu senken. [3]
„Wenn seine Körpertemperatur nach 10 Minuten im Ruhezustand nicht unter 39°C ist, bedeutet das, dass seine Ermüdung und Dehydration einen kritischen Zustand erreicht haben”. [2]
Je nachdem, in welchem Zustand sich dein Pferd befindet, kann eine Infusion zur „Wiederherstellung seines Blutvolumens” notwendig sein. [3]
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3.2 Kreuzverschlag
Ich erspare dir die Details der Biochemie, aber eine Dehydration kann ebenfalls zu Kreislaufstörungen führen, was einen Anstieg der Milchsäurekonzentration im Blut zur Folge haben kann.
Das Problem ist, dass eine erhöhte Milchsäure-Konzentration zu einem Kreuzverschlag, auch Lumbago genannt, führen kann.
Ein Kreuzverschlag kann in jeder Situation auftreten: während einer großen Trainingseinheit nach einem Ruhetag, einer für das Pferd zu anstrengenden Trainingseinheit, bei fehlerhafter Fütterung, Dehydration… [4]
Die klinischen Anzeichen
Ein Kreuzverschlag kann ganz spontan während einer Anstrengung auftreten. Der Körper des Pferdes verkrampft sich stellenweise oder gar komplett. Diese Muskelkontraktionen können so stark sein, dass es sich sogar weigert, weiterzulaufen (häufig betroffen: der Rückenbereich oder die Hinterbeine) und anfängt, stark zu schwitzen (manchmal auf beängstigende Art und Weise).
Das richtige Verhalten
Die erste Sache, die zu vermeiden ist: versuche nicht, dein Pferd zu bewegen! Wenn der Vorfall außerhalb des Stalls passiert, solltest das Pferd an Ort und Stelle stehen bleiben und auf keinen Fall weiter bewegt werden. Es sollte im Anhänger zurück in den Stall gefahren werden. Im Gegensatz zu einer Hyperthermie solltest du hier versuchen, das Pferd zu wärmen, um seine Muskeln zu entspannen. Wenn es bereits heiß draußen ist, reicht diese äußere Hitze aus. Wenn es jedoch kalt ist, solltest du es schnellstmöglich bedecken. Gib ihm reichlich zu trinken.
Wie bereits zuvor gilt: Rufe sofort deinen Tierarzt an, damit er deinem Pferd eine Infusion geben, ihm ein Mittel zur Entspannung und Schmerzlinderung verabreichen und die Diagnose mittels einer Blutabnahme bestätigen kann.
⚠ Hier siehst du zwei Erkrankungen, zu denen eine Dehydration führen kann. Es gibt jedoch leider noch viele weitere. Dein erster Reflex auf ein anormales Verhalten deines Pferdes sollte der Anruf bei deinem Tierarzt sein.
4. Fazit
Du bist nun bestens gewappnet, um den Sommer mit deinem Pferd anzugehen. Denk daran folgende Sachen immer bei dir zu haben: Eimer, Wasser, Handtücher, Sonnenschirm, Fächer und Thermometer. Und diese nicht, um am Strand gemütlich zu bräunen, sondern um schnellstmöglich reagieren zu können, sobald du eine Dehydration bei deinem Pferd vermutest!
Vergiss nicht, dass eine Dehydration auch im Winter vorkommen kann, wenn das Wasser zu kalt ist und dein Pferd es daher nicht trinken will!
Bis zum nächsten Artikel
Camille Saute,
R&D-Managerin bei Equisense