Takt, Tempo, Schrittlänge: 6 einfache Übungen
„Vorwärts“ „schneller“ „längere Schritte“ „langsamerer Takt“
Dein Trainer ruft dir solche Wörter während deines Trainings zu? Mir schon… Das große Problem bei diesen Wörtern ist, dass sie manchmal ein wenig schwammig für den Reiter sind, da (Achtung, ich werde ganz ehrlich mit dir sein) das Vokabular der Reiter komplett undurchsichtig ist!! In unseren nächsten Artikeln werden wir dir einige Übersetzungen “Reiter <-> Deutsch“ geben. Fangen wir mit einigen Grundbegriffen wie Takt, Geschwindigkeit und Schrittlänge an.
Table des matières
Reiter sprechen Chinesisch…
Ich habe keine Angst es zuzugeben. Es ist häufig vorgekommen, dass ich Einzelstunden mit sehr guten Trainern genommen habe, die jedoch alle Chinesisch mit mir zu sprechen schienen. „Deine Stute taktet nicht genug“ „Vorwärts in der Hinterhand und versammelter in der Vorhand“ „Setze deinen Schwerpunkt tiefer, ohne deine Position im Sattel zu verändern“. Es war wirklich nicht einfach. Das Problem dabei ist, dass das Ganze anatomisch gesehen auch gar keinen Sinn ergibt. Wir entfernen uns an dieser Stelle mal von diesen ganzen Tabus und schauen uns die Definitionen mal genauer an.
Takt, Tempo, Schrittlänge:
Die Definitionen
1. Tempo
Die Tempo ist einfach. Es handelt sich um die zurückgelegte Distanz in einer gegebenen Zeit, gemessen in m/min (Einheit beim Reiten; die „universelle“ Einheit ist m/s oder km/h).
Um dir eine Idee zu geben, findet ihr hier die Tempospannen von Hochleistungs-Dressurpferden für die drei Gangarten [1]
- Schritt: 84 – 108 m/min
- Trab: 192 – 296 m/min (bis zu 852 m/min sind möglich im Trab, d. h. 51 km/h!!!)
- Galopp: 196 – 358 m/min (bis zu 1200 m/min, d. h. 72 km/h. Zum Vergleich: Bei einem hochklassigen Cross-Country können Geschwindigkeiten zwischen 550 und 570 m/min und bei einem Hindernisparcours bis zu 375 m/min erreicht werden)
- Übergang: 96 m/min
- Piaffe: 12 m/min
2. Schrittlänge
Die Schrittlänge ist die Länge der Schritte, d. h. die Distanz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Schritten desselben Beines. Sie wird in Metern gemessen.
Achtung jedoch, bei Schritt und Trab verwechselt man schnell Schritte mit Halbschritten. Da die beiden Gangarten symmetrisch sind, tendiert man häufig dazu, den Begriff „Halbschritte” zu verwenden. Als kleine Erinnerung: Ein Schritt definiert sich als die Gesamtheit aller Ereignisse zwischen zwei aufeinanderfolgenden Berührungen des Bodens mit demselben Glied.
Um dir eine Vorstellung zu geben, findet ihr hier die Schrittlängen von Hochleistungs-Dressurpferden für die drei Gangarten [1]
- Schritt: 1,57 – 1,93 m
- Trab: 2,50 – 3,55 m (eine Länge von bis zu 6 m ist möglich!!!)
- Galopp: 2,00 – 3,47 m (bis zu 7 m bei einem Rennen…)
- Übergang: 1,75 m
- Piaffe: 0,20 m
3. Takt
Der Takt ist die Schrittfrequenz, oder anders ausgedrückt, die Anzahl der Schritte innerhalb einer gegebenen Zeit. In einer von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) herausgegebenen Ausbildungsskala wird der Takt als das räumliche und zeitliche Gleichmaß aller Schritte, Tritte und Sprünge (auf geraden und gebogenen Linien) beschrieben.
Man kann den Takt auch als Tempo beschreiben [1]. Er wird in Schritten/min gemessen. Zur Bestimmung kannst du einfach ein Metronom nehmen, ein Referenzglied auswählen und stellst das Metronom so ein, dass es bei jedem Absetzen des Gliedes schlägt. Somit hast du deinen Takt. Wie auch bei der Schrittlänge ist man häufig dazu verleitet, die Frequenz der Halbschritte im Schritt und im Trab zu messen, die in dem Fall doppelt so hoch ist wie die Frequenz der Schritte.
Hier einige Taktwerte von Hochleistungs-Dressurpferden für die drei Grundgangarten und die Piaffe [1]
- Schritt: 52 – 56 Schritte/min
- Trab: 77 – 83 Schritte/min
- Galopp: 99 – 105 Schritte/min
- Piaffe – Übergang: 55 Schritte/min
Taktreinheit
Die Schwierigkeit dabei: Der Takt sollte weitestgehend regelmäßig sein, d. h. immer gleich bleiben, auch bei Veränderung der Schrittlänge! Das nennt man dann Taktreinheit. Diese Taktreinheit kann natürlich gemessen werden. Es gibt jedoch noch keine übereinstimmenden Richtlinien, die einen regelmäßigen von einem unregelmäßigen Takt unterscheiden. Wir von Equisense haben nach der Beobachtung vieler Pferde mit einem mehr oder weniger regelmäßigen Takt unsere eigenen Richtlinien erstellt. Wir geben dir also eine Note (1-10), die dir anzeigt, wie rein dein Takt während der gesamten Trainingseinheit war.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen diesen Indikatoren?
Wie du bereits verstanden hast, sind diese drei Größen durch eine einfache Formel miteinander verbunden:
Das bedeutet, dass wenn du schneller sein willst, du entweder deine Schrittlänge verändern, d. h. größere Schritte machen, oder bei gleicher Schrittlänge deinen Takt oder sowohl den Takt als auch die Schrittlänge steigern solltest.
Erstes Praxisbeispiel
Stelle dir vor du bist auf der Straße und hast deine Kopfhörer mit guter Musik auf. Du läufst im Rhythmus der Musik und willst die Person vor dir, die nicht sehr schnell läuft, überholen. Wenn du dabei absolut im Rhythmus der Musik bleiben willst, musst du zwangsläufig größere Schritte machen, um im selben Tempo bleiben zu können.
→ Du wirst also schneller, da du bei gleichbleibendem Takt die Schrittlänge erhöhst.
Zweites Praxisbeispiel
Stell dir vor, du bist immer noch auf dieser selben Straße. Nun hörst du keine Musik mehr, aber die Straße ist mit gleich großen Pflastersteinen, die abwechselnd weiß und schwarz sind, gepflastert. Kind, wie du bist, willst du nur auf die schwarzen Pflastersteine treten und dabei die Person vor dir, die nicht sehr schnell läuft, überholen. Da du unter keinen Umständen auf die weißen Pflastersteine treten willst, folgst du auch weiterhin dem gleichen Muster, jedoch schneller. Deine Schrittfrequenz erhöht sich.
→ Du wirst schneller, da du bei gleicher Schrittlänge deinen Takt erhöhst.
2 Trainingspläne und 6 Übungen, um an deinem Tempo, deinem Takt und deiner Schrittweite zu arbeiten
Übung 1-3: Bodenstangen im Galopp
Übung #1: Nimm zwei Stangen, platziere sie 20 m voneinander entfernt auf dem Boden und versuche, die Anzahl deiner Sprünge im Galopp zwischen den zwei Stangen zu variieren. 4-5-6-7-8 Galoppsprünge. Du variierst somit die Schrittlängen (und bestimmt auch den Takt, aber das ist nicht weiter schlimm bei dieser Übung).
Übung #2: Dieses Mal geben wir einen festen Parameter vor: der Takt. Die gleiche Übung also, aber dieses Mal mit der Hilfe des Equisense Motion Essential. Versuche bei jedem Durchgang den gleichen Takt beizubehalten und das egal bei welcher Anzahl von Sprüngen! Du wirst feststellen, dass das Ganze gleich viel schwieriger ist. Macha hat es für dich getestet:
Denke daran, die deutschen Untertitel einzuschalten 😉
Übung #3: Wir geben einen anderen Parameter vor: die Anzahl der Galoppsprünge (also die Schrittlänge). Wähle eine feste Anzahl an Sprüngen aus, die du machen willst (6 Sprüngezum Beispiel), und versuche, den Takt bei jedem Durchgang zu variieren. Wenn wir uns das Beispielvideo von Macha einmal genauer anschauen, sehen wir, dass es darum geht, zwischen den Durchgängen mit 6 Sprüngen bei 97 Sprüngen/min und den Durchgängen mit 6 Sprüngen bei 100 Sprüngen/min zu wechseln. Du wirst feststellen, dass es sehr schwierig ist, das Ganze willentlich zu machen!!!
Übung 4-6: Bodenstangen im Trab
Übung #4: Nimm vier Stangen, platziere sie je 2,5 m voneinander entfernt. Trabe über die Stangen, indem du immer mit dem gleichen Vorderbein zuerst die Stangen überschreitest. Mit der Zeit kannst du den Abstand zwischen den Stangen erweitern und die gleiche Übung noch einmal wiederholen. Du kannst je nach Pferd bis zu 3 m oder sogar 3,50 m schaffen. Das Pferd verändert dabei seine Schrittlänge.
Übung #5: Dieses mal arbeiten wir an deinem Takt. Es geht also darum, die Schrittlänge zu verändern, indem du die Distanz zwischen den Stangen veränderst, dabei jedoch den gleichen Takt für alle Durchgänge beibehältst. Equisense Motion wird dir eine große Hilfe dabei sein!
Übung #6: Dieses Mal setzen wir die Schrittlänge fest (wir lassen die Stangen am Boden z. B. bei 2,70 m oder 3 m) und wir verändern den Takt! Wir versuchen einen Durchgang mit 7 Tritten/min und einen mit 80 Tritten/min (das sind Beispielwerte, die du je nach Pferd anpassen solltest) zu erreichen.
NB: Die Übungen #3 und #6, bei denen wir die Schrittlänge festgesetzt und den Takt variabel gelassen haben, werden dir dabei behilflich sein, ein Gefühl für den Takt zu bekommen. Es ist häufig sehr schwierig die Veränderungen des Takts bewusst wahrzunehmen.
Weitere Übungen findest du hier: 4 Dressurübungen zum Muskelaufbau ohne Bodenstangen
Das Trainingsprogramm ist ab sofort verfügbar!
Du hast Lust bekommen, die Übungen einmal auszuprobieren? Dann lade einfach unsere App für iOS oder Android auf dein Handy und los gehts 🙂
Ich hoffe, dass, wenn dein Trainer dir ab sofort „vorwärts“ zuruft, du ihm antwortest „Soll ich schneller im Takt werden oder größere Schritte machen?“ und, dass wenn er dir sagt „dein Pferd wurde beim Trab ein wenig schneller“, du ihm sagt „Nein, es hat lediglich seinen Takt verändert; das ist nicht das Gleiche!“
Ich denke, dein Trainer wird nicht gut auf mich zu sprechen sein!
Bis dahin 🙂
Eure Camille,
R&D-Managerin