Die 5 Sinne des Pferdes
Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, in die Haut seines Pferdes zu schlüpfen? Was sieht es? Was hört es? Warum reagiert es so? Diese Woche nehmen wir seine 5 Sinne des Pferdes einmal genauer unter die Lupe, um zu versuchen, zu verstehen, wie es seine Umwelt wahrnimmt.
Table des matières
# Sinn 1: Sehen
Wir haben bereits einen ausführlichen Artikel zur Sicht des Pferdes geschrieben.
Alle Infos zu ‘wie Pferde sehen” findest du hier: Wie sehen Pferde
Warum sprechen wir als Erstes vom Sehen? Weil dieser Sinn für uns am wichtigsten und bei uns am ausgeprägtesten ist. Wir neigen also dazu, zuerst einmal zu schauen, was unser Pferd denn gesehen haben könnte, um seine Reaktion zu erklären. Wir vergessen dabei jedoch, dass die anderen 4 Sinne des Pferd genauso wichtig sind.
# Sinn 2: Hören
Kommen wir zum Ohr des Pferdes. Um zu verstehen, wie Pferde hören, betrachten wir zunächst den Aufbau des Ohres:
Das Ohr kann in 3 Bereiche unterteilt werden [2]:
- Das Außenohr (Ohrmuschel und Gehörgang): zu diesem Zeitpunkt wird das Geräusch in Form von Schwingungen in der Luft wahrgenommen. Die Ohrmuschel des Pferdes ist sehr beweglich. Es kann somit sein Ohr in die Richtung drehen, aus der das Geräusch kommt, um die Schwingungen besser aufzunehmen und in den Gehörgang zu leiten.
- Das Mittelohr (Trommelfell und Gehörknöchelchen): die Schallwellen lassen das Trommelfell und die Gehörknöchelchen vibrieren.
- Das Innenohr (Schnecke, Bogengänge und Eustachische Röhre): die Gehörschnecke, auch Cochlea genannt, wandelt letztendlich die im Mittelohr angekommenen Schallwellen zu einem Nervensignal um, das an das Gehirn weitergeleitet und dort vom Hörnerv weiter verarbeitet wird.
Bis auf die Beweglichkeit der Ohrmuschel unterscheidet sich das Ohr des Pferdes nicht von dem des Menschen – oder hast du besonderes Talent, dass du uns an dieser Stelle gerne mitteilen möchtest?
Was macht den Unterschied beim Hören?
Gerade haben wir von Schwingungen in der Luft gesprochen. Je schwacher die Frequenz, desto tiefer der Ton und umgekehrt, je stärker die Frequenz, desto höher der Ton. Die Tonfrequenz wird in Hertz (Hz) gemessen und sollte nicht mit der Verhältniszahl Dezibel (dB), die logarithmische Maßeinheit zur Messung der Lautstärke (z. B. 60 dB bei einer Unterhaltung oder 130 dB bei einem Flugzeugstart), verwechselt werden.
Das Pferd nimmt Frequenzen von 55 Hz bis 33 500 Hz [1] (je nach Pferd natürlich) wahr und wir Menschen Frequenzen von 20 Hz bis 20 000 Hz [1]. Es kann also eine ganze Reihe von hohen Tönen wahrnehmen, die wir nicht hören können (Delfine z. B. 🐬 , auch wenn ich zugeben muss, dass diese doch relativ selten im Wald anzutreffen sind). Im Gegensatz dazu können wir einige tiefere Töne wahrnehmen, die das Pferd nicht hören kann (wie einen Wal z. B.).
# Sinn 3: Riechen
Kommen wir zum Geruchssinn! Dies scheint der wohl wichtigste Sinn des Pferdes zu sein. Ich sage bewusst, ‘dies scheint’, da es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema gibt.
Fangen wir mit den Grundlagen an: Wie funktioniert der Geruchssinn?
Kleine Moleküle, die in der Luft schweben, werden eingeatmet und vom Nasensekret im Riechepithel eingefangen. Sie werden im Anschluss von den Flimmerhärchen identifiziert und ein Nervensignal wird an das Gehirn gesendet.
Inwiefern ist der Geruchssinn des Pferdes besser als unserer [5]?
- Das Pferd atmet mehr Luft ein als wir (dies scheint angesichts der Größe seiner Lunge nur logisch).
- Seine Nüstern (an jeder Seite des Kopfes) helfen ihm dabei, Moleküle von beiden Seiten einzuatmen.
- Sein Riechepithel ist stärker ausgeprägt als unseres. Es ist wie beim Hund in mehrere Schichten gefaltet und bietet somit eine größere Oberfläche.
- Es hat zudem einen stärker ausgeprägten Riechkolben (der Teil des Gehirns, der für die Gerüche zuständig ist) als wir.
Die vorliegenden Informationen zu diesem Thema sind noch nicht sehr genau (da noch wenig untersucht). Zusätzlich zu seinem Geruchssinn hat das Pferd noch einen weiteren Vorteil: das Jacobson-Organ (auch Vemeronasales Organ genannt), das bei uns fast vollständig verschwunden ist. Das Pferd kann mit diesem Organe Pheromone wahrnehmen. Pheromone sind größere Moleküle, die weniger beweglich sind als Geruchsmoleküle. Diese Moleküle können mit den Hormonen (den chemischen Botenstoffen des Körpers) verglichen werden. Sie kommen z. B. im Urin vor und spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Paarung, damit der Hengst z. B. eine Stute als solche identifizieren kann. Wenn das Pferd versucht einen bestimmten Geruch zu analysieren oder sich einzuprägen (wenn man das so sagen kann), nimmt es eine besondere Position ein, die du bestimmt schon gesehen hast: das Flehmen.
Dies kann ebenso damit erklärt werden, dass das Pferd unsere Gefühle wahrnimmt! Wenn wir z. B. Angst haben, dann schütten wir Pheromone aus, die es erkennen kann. Das Pferd nimmt Gerüche und Pheromone stärker wahr als wir.
# Sinn 4: Schmecken
Der Geschmackssinn steht in starker Verbindung mit dem Geruchssinn. Du hast bestimmt selbst schon einmal ausprobiert, etwas zu essen, während du dir die Nase zuhältst. Du schmeckst dabei nur noch 4 Geschmäcker: süß, salzig, bitter und sauer. Für alle anderen Nuancen ist die Nase verantwortlich! Das Pferd besitzt ebenfalls Geschmackspapillen, um diese 4 Geschmäcker zu unterscheiden.
Wenn du deinem Pferd schon einmal beim Grasen zugesehen hast, hast du sicherlich festgestellt, dass es dabei ganz schön wählerisch ist. Das liegt daran, dass es eine ganze Auswahl von verschiedenen Geschmacksrichtungen hat. Dies ist etwas, was wir häufig bei der Fütterung vergessen.
# Sinn 5: Fühlen
Der letzte Sinn: das Fühlen. Es ist einer der wichtigsten Sinne zur Kommunikation zwischen Pferd und Pferd [5].
Der Pferdekörper hat, wie auch der menschliche Körper, sensible Zonen. Du kannst es selbst einmal testen. Fordere dein (menschliches) Versuchskaninchen dazu auf, seine Augen zu schließen. Lege nun 2 Finger im Abstand von 2 bis 3 cm auf seinen Rücken und frage ihn, wie viele Finger er denn spürt. Wiederhole den Vorgang auf seiner Nase und seiner Wange. Im Normalfall fühlt er lediglich einen Finger beim ersten Versuch und zwei bei den anderen beiden Versuchen.
Beim Menschen sind die Zonen am Kopf sensibler als die am Rücken. Beim Pferd ist es genau dasselbe. Die sensibelsten Zonen sind seine Lippen und Tasthaare. Manche Pferde sind dabei mehr oder weniger sensibel, was die unterschiedliche Reaktion auf deine Hilfen erklärt [1].
Der Tastsinn scheint ebenfalls eine wichtige Rolle bei der sozialen Beziehung zwischen Pferden zu spielen. Man sieht z. B. häufig, wie sich Pferde gegenseitig am Widerrist knabbern.
Das nächste Mal, wenn dein Pferd ein Gespenst sieht, denkst du sicherlich an diesen Artikel. Hat dein Pferd einen sehr hohen Ton (eine Fledermaus), einen beunruhigenden Geruch (Rauch oder ein ängstlichen Tier) oder gar einen sehr interessanten Geruch wahrgenommen (eine rossige Stute)?
Alice MARTINEZ
R&D-Ingenieurin bei Equisense
Wirklich sehr informativ und anschaulich geschrieben, danke!
Hallo Lea,
danke schön 🙂
LG, Sina
Herzlichen Dank für die kompetente und verstndliche Erklärung
Immer gerne 🙂